Nicholas Müller und Sascha Eigner sind in reduzierter Formation zurück und geben ein hervorragendes Duo ab. Nach sechsjähriger Veröffentlichungs-Pause erschien nun das neue Album ‘Die Sonne ist ein Zwergstern’, mit dem ‘Jupiter Jones’ auf Clubtour geht. BREMER-Autorin Chantal Moll sprach mit dem Duo über die erneute Zusammenkunft, das neue Album und persönliche Themen.

Gegründet hat sich die damals vierköpfige Band 2002 in der Eifel. Seitdem ist viel passiert: Deutschlandweit bekannt geworden sind die Musiker 2011 mit ihrem emotionalen Hit ‘Still’, für den sie einen Echo erhielten. Sänger Nicholas Müller stieg 2014 aufgrund einer Angststörung aus, Jupiter Jones veröffentlichte jedoch erst noch ein weiteres Album, bevor die Gruppe sich 2018 komplett auflöste.

Nun ist sie aber zurück – denn während der Pandemie fanden Nicholas Müller und Sascha Eigner wieder zusammen und produzierten das erste Album seit der Reunion in kompletter Eigenregie. Live unterstützt sie eine Band. Es ist die insgesamt siebte Platte unter dem Namen Jupiter Jones.

BREMER: Wie habt Ihr beiden wieder zueinander gefunden?

Sascha: Nicholas und ich hatten seit seinem Ausstieg 2014 nicht mehr miteinander gesprochen und ich hatte immer vor, mich bei ihm zu melden und mich mit ihm auszusprechen. Wir haben so viel zusammen erlebt und erreicht, dass ich es immer alberner fand, gar nicht mehr miteinander zu sprechen. Als ich gesundheitlich aufgrund einer Herz-Muskel-Entzündung ziemlich angeschlagen war, wollte ich mich dann endlich bei Nicholas melden und habe ihm eine Mail geschrieben. Am gleichen Tag kam eine WhatsApp-Nachricht von Nicholas mit der Frage, ob wir uns nicht mal aussprechen sollten. Wir haben uns getroffen und einen ganzen Tag lang über die letzten Jahre geredet und darüber, was wir so erlebt haben. Am Ende des Gesprächs haben wir dann beschlossen, dass wir doch nochmal probieren sollten, zusammen Musik zu machen.

Nicholas: Es war eine Mischung aus Impuls und großem Wunsch. Wenn man so viele Jahre miteinander verbringt, wie wir das getan haben, fehlt dann schon eine Menge, wenn das plötzlich wegbricht. Darüber hinaus hatten wir beide das Gefühl, dass die ganze Geschichte noch nicht zu Ende erzählt war. Unsere Trennung damals war von so vielen Faktoren getrieben, die sich total fremdbestimmt angefühlt haben. Meine Krankheit, das Nicht-warten-können der Industrie, solche Sachen. Es war also an der Zeit, dem ganzen Mist zu trotzen und einfach weiter zu machen.

Wie ist es, nun zu zweit zu sein statt mit einer ganzen Band?

Sascha: Eigentlich sind wir ja eine Band. Wir haben ganz wundervolle Menschen gefunden, die uns live musikalisch begleiten und das fühlt sich fast wie früher an. Wir tragen halt nun zu zweit die Verantwortung, können aber auch zu zweit entscheiden, in welche Richtung sich die Band entwickelt. Da Nicholas und ich immer Musik und Texte gemacht haben, hat sich auch im künstlerischen Bereich nichts geändert.

Wie hat sich die Musik von ‘Jupiter Jones’ im Laufe der Jahre verändert?

Nicholas: Am Ende geht und ging es uns immer darum, ein jeweiliges Gefühl in einen Song zu packen. Ob es dabei unser Vor- oder Nachteil ist, dass wir beide quasi null Prozent Musiktheorie draufhaben, sei mal dahingestellt. Oft genug hält es uns aber davon ab, uns großartige Gedanken über irgendwelche Regeln und Skalen zu machen und damit gleichzeitig auch, uns an Genregrenzen abzuarbeiten. Sascha kann gut Musik, ich kann gut Texte und Gesangsmelodien. Wenn wir das zusammenschmeißen, wird oft ein schönes Lied draus und das ist ein großes Glück.

Welchen Musikgenres würdet Ihr Euch heute zu ordnen?

Nicholas: Ich liebe Genres, wenn sie mir dabei helfen Gleichgesinnte zu finden. Wenn ich irgendwem erzähle, dass ich gerne Punkrock und alten 90er/00er-Emo höre, dann läuft das meistens auf ein gutes Gespräch hinaus, ob wir uns nun einig sind oder nicht. Was uns angeht: Wir wissen es wahrscheinlich selber nicht so genau, aber am Ende läuft es wohl auf Popmusik hinaus, in die einer ordentlich einen Quirl reingehalten hat.

Wie habt Ihr Euch persönlich verändert?

Sascha: Das Vater werden hat mich auf jeden Fall sehr verändert. Ich bin viel gelassener und ruhiger geworden. Meine Prioritäten im Leben sind im Gegensatz zu früher nicht mehr, immer mehr zu arbeiten, sondern das Leben etwas mehr zu genießen und Zeit mit den Liebsten zu verbringen. Wir haben gelernt, mehr auf uns selber und vor allem mehr gegenseitig aufeinander Acht zu geben und dem anderen Freiräume und Pausen zu lassen.

Nicholas: Früher hätten wir konträrer nicht sein können, jetzt haben wir viele gleiche Erfahrungen gemacht und dementsprechend auch unsere Prioritäten sehr ähnlich verortet, was uns wahrscheinlich auch wieder zusammengebracht hat. Ich war und bin ein sehr nachdenklicher Mensch, aber ich habe es aufgegeben, an jeder Ecke eine Katastrophe zu wittern. Dabei hat mir meine Tochter geholfen. Die ist seit acht Jahren die Beste und das macht es leicht, nicht immer vom Schlechtesten auszugehen.

Was macht das neue Album so besonders?

Sascha: In erster Linie, dass es überhaupt ein neues Album von uns gibt. Besonders ist sicher auch, dass es musikalisch über drei Jahre entstanden ist. Man hört den Songs diese unterschiedlichen Phasen der Produktion an. Ein Song wie ‘Überall waren Schatten’, der ganz am Anfang entstanden ist, klingt wesentlich poppiger als ‘Bleibt zusammen’, der gegen Ende produziert wurde.

Nicholas: Es gibt da draußen sicherlich Menschen, die mir jetzt vehement widersprechen werden und das ist total ok, aber ich halte dieses Album für unser konsequentestes bisher. Wir haben halt echt nur aufgenommen, was wir für gut und sinnvoll befunden haben und dabei war alles egal, bis auf den jeweiligen Song selber. Ich bin echt stolz drauf. Und ich bin manchmal selber erschrocken, wie gut ich meine eigenen Texte inhaltlich verstehe.

Vielleicht waren die Zeiten verworren genug, um ein bisschen Klarheit finden zu wollen. Vielleicht war es aber auch nur Glück, das sehen wir dann beim nächsten Album.

Habt Ihr einen persönlichen Lieblingssong aus Eurem neuen Album? Wenn ja, welchen und was bedeutet er für Euch?

Sascha: Dieses eine Lieblingslied gibt es für mich gar nicht. Ich finde die Songs am besten, die eher etwas knarziger und knochiger klingen als die poppigeren. Das wären zum Beispiel ‘Bleibt zusammen’, ‘Melatonin’ oder ‘Wenn’s nicht weh tut’.

Nicholas: Ich mag ‘Bleibt zusammen’ sehr, weil er ein wichtiges, aber wahnsinnig unpopuläres Thema anfasst: Die Tatsache, dass es da draußen Paare gibt, die sich um Himmels willen besser gestern als heute trennen sollten. Das habe ich selber durch und deswegen war’s ein Herzensanliegen. Dann mag ich den ‘Nagel’ noch sehr, weil er eine ganz bewusste Verbeugung vor Bon Iver ist und die hätte selbst ich nicht bei Jupiter Jones erwartet.

Warum habt Ihr Euch für eine kleine Clubtour entschieden? Ihr könntet sicherlich auch größere Hallen füllen.

Sascha: Ich finde es nach guten drei Jahren Corona richtig gut, mal wieder im kleinen vollen Club zu spielen. Ganz nah bei den Leuten. Außerdem lässt sich so ein Album wesentlich schöner feiern, im etwas kleineren Rahmen und in Locations, die etwas ausgefallener sind, wie zum Beispiel ‘Luckys Luke’ in Trier oder Clubs, in denen wir normalerweise nicht mehr spielen würden.

Nicholas: Wie das für uns mit den großen Hallen wäre, gerade während oder kurz nach Corona, das kann ich gar nicht sagen. Ich glaub, es wird uns ganz gut tun, wenn wir uns auf eine Bühne stellen, wieder Menschen sehen, Menschen singen hören und uns danach in den verschwitzten Klamotten einen ganz gewöhnlichen Schnupfen fangen, um dann selig und versöhnt ins nächste Pensionsbett fallen. Das hat uns früher auch nicht geschadet. Ich freu mich drauf!

Foto: A.S.S. Concerts

Text und Interview: Chantal Moll

Am 7. Januar um 20 Uhr, Tower

 



Deutschpop/Indiepop

Jupiter Jones
Die Sonne ist ein Zwergstern 

Mathildas und Titus Tonträger



Wieder vereint: Dass sich Nicholas Müller und Sascha Eigner jetzt in Eigenregie um Text und Sound kümmern, wird mit ‘Die Sonne ist ein Zwergstern’ spürbar. Ihrem Prinzip sind sie treu geblieben: Noch immer schreiben die beiden Musiker aus einem Gefühl heraus, welches sie gekonnt an ihre Zuhö­rer:innen weitergeben. Poppig beginnt das neue Album –  das erste seit der Reunion – mit ‘Überall waren Schatten’. Der zweite Song ‘Melatonin’ wurde bereits vorab veröffentlicht, geht in die herbere Richtung aus älteren Tagen und bildet eines der Highlights. ‘Ja, sicher’ liefert tanzbare Klänge. Insgesamt greifen persönlichere Songtexte als je zuvor in indie- und punklastige Töne über und ein paar Balladen wie ‘Der Nagel’ schleichen sich dazwischen. Ein Album fürs Herz, welches sicherlich mehr als einmal durchgehört wird und das beste aus allen Platten vereint.

Chantal Moll
★★★★★
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