Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker ist Ko-Vorsitzender des International Panel for Sustainable Resource Management und seit 2012 Ko-Präsident vom Club of Rome. Die gemeinnützige Organisation setzt sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit ein. Mit einem der einflussreichsten internationalen Denker führte BREMER-Autorin Fanny Quest ein exklusives Interview.

BREMER: Herr Weizsäcker, was haben Sie aus Ihrer Zeit beim Deutschen Bundestag gelernt?
Weizsäcker: Dass die verbreitete Politikerschelte ungerechtfertigt ist.

Wie sind Sie später zum Club of Rome gekommen?
Das war schon 1991. Aber da hatte ich (bis 2008!) immer extrem zeitintensive Berufe. Erst ab 2009 hatte ich die Zeit, mich beim Club ernstlich zu engagieren.

Was ist die Intention hinter diesem Buch?
Für die heutige „Volle Welt“ brauchen wir ein radikal anders Denken und Handeln als in der früheren „Leeren Welt“ (während derer die Denkmuster aller Religionen und der Ökonomie und Politik entstanden).

Wie unterscheidet sich diese genannte leere und volle Welt?
Wenn man in der Leeren Welt mehr Fische haben will, braucht man mehr Fischer, mehr Netze und Angeln, mehr Boote. In der Vollen Welt braucht man vor allem scharfe Gesetze zur Eindämmung des Fischfangs. Sonst sind sehr bald keine Fische mehr da!

Wie kann die Rettung der Erde funktionieren?
Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung. Die heutigen „Marktgesetze“ werden langsam zu einem Selbstmordprogramm. Kann man auch in der päpstlichen Enzyklika Laudato Si´ nachlesen. Und die Politik ist mittlerweile völlig markthörig geworden. Mit einer zivilisatorischen Wende vom „Recht des Stärkeren“ zu einer Balance-orientierten Gesellschaft sowie einer raschen Stabilisierung der Bevölkerung haben wir eine Chance.

Was passiert, wenn wir nichts ändern?
Ein Galopp in große Katastrophen: Klima, Böden, Artenausrottung sind die Stichworte. Sie stehen für das Kaputtmachen unserer Lebens- und Wohlstandsgrundlagen.

Was halten Sie von Donald Trump?
Er ist ein ziemlich skrupelloser Machtmensch, hat keine ausreichende Zuhörfähigkeit und kann zur Gefahr für die ganze Menschheit werden. America First kann sich in eine militärische „Erstschlags“-Doktrin verwandeln, und das kann zum Dritten Weltkrieg werden, dem gegenüber der Zweite Weltkrieg wie ein Scharmützel aussehen könnte.

Woher kommt Ihre Passion für die Umwelt?
Als Kind habe ich Schmetterlinge und Raupen geliebt. Als Erwachsener habe ich die Verantwortung dafür gespürt, diese Schönheit zu erhalten.

Wie sehen Sie die Zukunft?
Prophezeiungen finde ich nicht hilfreich. Aber ich habe den Optimismus, dass es sich echt lohnt, sich auch politisch zu engagieren.

Was für einen guten Ratschlag hätten Sie sich früh auf Ihrem Wege gewünscht?
Neugier, Tatkraft, Zuhören (aber diese Ratschläge waren im Elternhaus sowieso da).

Zur Person:
Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, 1939 in Zürich geboren, ist Naturwissenschaftler und Politiker. Er ist Ko-Vorsitzender des International Panel for Sustainable Resource Management und ist seit 2012 Ko-Präsident vom Club of Rome. Der Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Experten verschiedenster Disziplinen aus mehr als 30 Ländern und wurde 1968 gegründet.
Darüber hinaus ging Weizsäcker zahlreichen Tätigkeiten nach, unter anderem war er zuvor: Biologieprofessor (Essen), Universitätspräsident (Kassel), Direktor bei der UNO in New York, Leiter des Instituts für Europäische Umweltpolitik, Gründungspräsident des Wuppertal-Instituts, von 1998 bis 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages, außerdem ist er Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes (2009) und des Deutschen Umweltpreises (2008).

Cover von ‚Wir sind dran‘

Ernst Ulrich von Weizsäcker &
Anders Wijkmann u.a.
Wir sind dran.
Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen.
Gütersloher Verlagshaus 24,99€

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