Bas Kast studierte Psychologie und Biologie in Konstanz, Bochum und am MIT in Boston/USA. BREMER-Autorin Fanny Quest führte mit dem Wissenschaftsjournalisten und Autor ein exklusives Interview.

BREMER: Wie ging es dir vor dem Ernährungsexperiment?
Bas Kast: Nicht so großartig. Ich bekam irgendwann beim Joggen Probleme. Das fing mit einem leichten Herzstolpern an. Irgendwann hatte ich dann eine regelrechte ‘Attacke‘, vermutlich das, was Ärzte als ‘Angina pectoris‘ bezeichnen: Es war, als würde eine stählerne Hand mein Herz fest anpacken und zusammenpressen. Beängstigend.

Wie hast du verschiedene Er­nährungsstudien ausprobiert?
Es fing an mit ein paar Wochen rein pflanzlicher Kost, zudem fettarm. Das war wunderbar! Schon nach zwei, drei Wochen spürte ich die Wirkung. Später habe ich wiederholt Low-Carb (Kohlenhydrate reduziert) versucht, einfach um das auch mal am eigenen Leib zu erfahren, immer so ein paar wenige Wochen. Heute ernähre ich mich nach Kompass-Art, das heißt, so wie ich es im Buch beschreibe.

Wie bist du bei deiner Recherche vorgegangen?
Ganz konkret sah das so aus, dass ich morgens aufstand mit einem Kaffee und mich hingesetzt habe, um Studien zu wälzen. An guten Tagen waren das durchaus mal 20, 30 Studien. Das habe ich monatelang gemacht. Es ist eine Menge Stoff, es wimmelt nur so von Widersprüchen. Aber nach und nach bekommst du ein Gespür dafür, was wirklich gesunde Lebensmittel sind und was eher nicht. Dabei helfen auch große Überblicksstudien, die mit der Zeit immer umfassender geworden sind. Mittlerweile gibt es sogar darüber Überblicksstudien – auch diese habe ich in meinem Buch berücksichtigt.

Welches Lebensmittel mit gutem Ruf ist ungesund?
Milch zum Beispiel oder Kartoffeln, teils auch Reis. Milch ist ein Wachstumsgetränk. Es wurde von der Natur erfunden, um ein Säugetier kräftig wachsen zu lassen. Für Kleinkinder ist das natürlich gut, für Erwachsene weniger. Auch Krebs tut ja nichts lieber, als zu wachsen. Kuhmilch regt diverse ‘Wachstumskräfte’ unseres Körpers an, was das Krebsrisiko erhöht. So zeigt sich ein Zusammenhang zwischen Milchkonsum und Prostatakrebs. Bei Kartoffeln und Reis ist es ein Problem, das sie den Blutzuckerspiegel allzu rasant in die Höhe schnellen lassen. Reis ist zudem oft mit Arsen belastet. Basmati ist hier übrigens noch die beste Wahl.

Und andersrum 🙂 Welches Lebensmittel mit schlechtem Ruf ist doch gesund?
Ein Beispiel wäre Kaffee, bis zu einem gewissen Grad würde ich auch sagen: Käse. Kaffee ist besonders interessant, weil man dies lange als Gift bezeichnet hat und das Urteil kam nota bene direkt aus der Forschung. Man sah eben recht klar, dass Kaffeetrinker häufiger unter zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Dann stell­te sich heraus: Unter den Kaffeetrinkern gibt es aber auch mehr Raucher! Rechnet man diesen ‘Stör­­faktor‘ statistisch heraus, er­weist sich Kaffee sogar als schützend! Auch für das Herz. Filterkaffee ist übrigens besser als Espresso, weil im feinen Papierfilter einige ölige Substanzen hängen bleiben, die das ‘böse’ LDL-Cholesterin erhöhen.

Was hast du persönlich seit deinen Erkenntnissen geändert?
Ich habe meine Ernährung komplett umgestellt! Früher aß ich fast jeden Tag Fleisch. Heute esse ich es kaum noch, dafür mehr Fisch und vor allem viel mehr Ge­müse – manchmal abends einfach ‘nur‘ einen Riesensalat, mit Sa­men­kernen und herrlichem Olivenöldressing, eventuell mit ein paar Shrimps, Falafel oder Pilzen. Dazu natürlich ein Glas Wein!

Was hältst du von Ernährungstrends?
Es hängt auch alles von der individuellen Situation ab. Ich denke zum Beispiel, dass Low-Carb für manche sehr hilfreich sein kann. Wer das als Trend abtut, irrt meines Erachtens. Aber wenn mal wieder vom allerletzten ‘Superfood‘ aus Silicon Valley die Rede ist – das ist natürlich albern. Das ist ein reiner Marketing-Gag. So etwas wie einen Superfood gibt es schlicht nicht. Obwohl Linsen dem vielleicht nahe kommen …

Wie sieht ein Frühstück bei dir aus?
Mal ein Vollkornbrot mit Erdnuss­butter, mal ein Apfel mit grünem Tee, mal ein Joghurt mit Haferflocken und Blaubeeren. Ich frühstücke meist erst ein paar Stunden nach dem Aufstehen. Zunächst gibt es bei mir eigentlich nur eine Tasse Filterkaffee mit einem Stückchen dunkler Schokolade.

Welche gesundheitlichen Veränderungen hast du bei dir festgestellt?
Das für mich Verblüffendste war, dass ich mich schon nach drei Wochen so viel besser fühlte. Ohne diese Erfahrung hätte ich das Buch nicht geschrieben. Aber so wollte ich es genauer wissen. Es dauerte dann noch ein paar Monate, bis meine Herzbeschwerden ganz verschwunden waren. Seitdem jogge ich wieder so unbeschwert wie in jungen Jahren.

Kann man durch Ernährung den Alters­prozess aufhalten?
Ja, in gewisser Weise schon. Fisch ist ein Beispiel. Eigentlich schrumpft das Gehirn im Alter. Interessanterweise gilt das für Fisch­esser weitaus weniger: Es ist, als sei deren Gehirn buchstäblich jünger. Vermutlich spielen die Omega-3-Fettsäuren hier eine wichtige Rolle, die unter anderem schädliche Entzündungsprozesse hemmen.

Schon eine Idee für dein nächstes Buch?
Ja, ich habe schon eine Idee, aber die ist noch zu unausgegoren, um sie auszusprechen. Soviel vielleicht: Ich habe zwei kleine Kinder, für deren Entwicklung ich mich sehr interessiere. Ich möchte gern wissen, was in einem kleinen Kindergehirn vorgeht – und was die Wissenschaft darüber herausgefunden hat.

Cover Der Ernährungskompass
Cover Der Ernährungskompass

Bas Kast
Der Ernährungskompass
Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung
C. Bertelsmann 20€

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