Nach ihrem Studium an der Tierärztlichen Hochschule Hannover ist Hannah Emde seit 2019 approbierte Tierärztin. Zwölf Monate verbrachte sie nach dem Abitur auf den Philippinen bei einem indigenen Stamm. Es folgten Forschungsprojekte auf der ganzen Welt. 2017 gründete sie den ‘Nepada Wildlife e.V.’, einen ge­meinnützigen Verein, der Umwelt- und Artenschutz durch Umweltbildung, tiermedizinische Tätigkeit, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit fördert. Sie hält regelmäßig Vorträge an Schulen, Akademien und in Umweltzentren. BREMER-Autorin Fanny Quest führte über ihre Arbeit ein exklusives Interview.

BREMER: Was bedeutet für dich Dschungel?
Hannah Emde: Das ist für mich aufregende und wilde Natur, eine Vielzahl an Grüntönen und Tiere beobachten zu dürfen. Die Luft ist feucht, schwül und es herrscht ein wahnsinniges Wirrwarr aus Affenrufen, Vogelgesang und zirpenden Zikaden. Dschungel bedeutet für mich aber auch, mich anzupassen, wachsam mit meiner Umwelt zu sein – und kalte Duschen.

Für welche Tierarten setzt du dich besonders ein?
Mit meinem Verein setzen wir uns für alle bedrohten Tiere ein, ob Lemuren auf Madagaskar, Aras in Guatemala oder Bullenhaie im Pazifik. Auch Fledermausschutz oder das Insektensterben in Deutschland sind wichtige Schwer­punkte bei uns.

Was sind heute die größten Gefahren für Tiere?
Die Zerstörung von Lebensräumen durch den Menschen. Dazu zählen die Rodung von Regenwäldern für Landwirtschaft, der Bergbau, die Überfischung der Meere, unser hoher Ressourcenverbrauch und die Verschmutzung der Umwelt. Außerdem stellen der weltweite Wildtierhandel sowie der Klimawandel eine große Bedrohung für unsere Artenvielfalt dar. Lebensräume und klimatische Bedingungen verändern sich. Es wird gerade zu warm, zu trocken oder zu feucht – viele Tier- und Pflanzenarten können sich daran nicht schnell genug anpassen und sterben aus.

Was macht dein gemeinnütziger Verein Nepada Wildlife e.V.?
Wir setzen uns weltweit für den Artenschutz ein. Dabei unterstützen wir vor allem kleine, bereits bestehende Artenschutzprojekte durch Spenden, tierärztliche Hilfe, Expertise und Öffentlichkeitsarbeit. Wir kennen unsere Partner*innen in den Projekten meist persönlich. Ich lerne sie auf internationalen Konferenzen oder Artenschutz-Plattformen kennen. Gemeinsam überlegen wir, wo Hilfe benötigt wird und wie ‘Nepada’ unterstützen kann.
Gleichzeitig möchten wir dieses Wissen auch mit nach Deutschland bringen und aufklären, was der Orang-Utan auf Borneo eigentlich mit uns zu tun hat. Deswegen sind Umweltbildung und Aufklärung ebenfalls wichtige Säulen unserer Arbeit.

Wie kann man sich deinen Berufs­alltag vorstellen?
Wenn nicht gerade eine globale Pandemie herrscht, bin ich jedes Jahr drei bis sechs Monate im Dschungel unterwegs. Vor Ort arbeite ich als Tierärztin in Schutzprojekten oder assistiere in der Forschung.
In Hamburg habe ich einfach viel Büroarbeit zu tun: Texte schreiben, Projekte planen, mich mit internationalen Partner*innen austauschen, Fundraisings organisieren und digitale Bildungsmaterialien entwickeln – alles viel zu wenig draußen für meinen Geschmack. Besonders großen Spaß machen mir Schulvorträge, bei denen ich mit den Jugendlichen gemeinsam überlege, was wir selbst von zu Hause aus für den Artenschutz tun können.

Ein berührendes Erlebnis auf deiner Reise war…
Es ist ein später Nachmittag auf Borneo und ich komme völlig durchnässt von einem langen, anstrengenden Arbeitstag aus dem Dschungel zurück.
Seit Tagen regnet es, meine Klamotten sind völlig nass, endlich erreiche ich unser kleines Motorboot – und als wir um die erste Flussbiegung fahren, tauchen plötzlich be­stimmt achtzig Elefanten vor mir auf. Einige baden und spielen im Wasser, einige Babys grasen am Ufer – es sind beeindruckende und extrem be­drohte Borneo-Zwergelefanten.

Was kann jeder einzelne für Artenschutz tun?
Nicht die Hoffnung verlieren! Wir alle können schon im Alltag beginnen, indem wir uns die Frage stellen, woher die Dinge in unserem Einkaufswagen kommen, was alles in unseren Kosmetika steckt und welchen Einfluss diese Produkte auf andere Teile und Tiere dieser Welt haben. Uns fragen, was hinter süßen Videos mit Wildtieren im Internet steckt oder wieso es Delikatessen aus Tierprodukten gibt.
Wir alle können bewusster durchs Leben gehen und bessere Entscheidungen treffen.

Welcher Ort hat dich auf deinen Reisen am meisten geprägt?
Meine Forschungsaufenthalte im Dschungel von Borneo waren be­sonders prägend. Dort lebte ich mit nur wenigen Wissenschaftler*innen mehrere Monate im tiefsten Regenwald von Malaysia mit Orang-Utans, Sonnenbären und riesigen Waranen.
Auf Borneo traf ich 2014 zum ersten Mal auf einen wunderschönen Sunda-Nebelparder in freier Wildbahn. Nach dieser besonderen Begegnung mit der extrem bedrohten Raubkatze wurde sie Namensgeber für unseren Verein – ‘Nepada’.

Hast du einen Wunsch?
Dass meine Arbeit als Artenschutz-Tierärztin und Botschafterin irgendwann nicht mehr nötig sein wird, weil Wildtiere und Lebensräume nicht mehr bedroht sind und der Mensch endlich wieder gelernt hat, im Einklang mit der Natur zu leben.

Foto: Maximilian Probst

F.Q.

Hannah Emde
Abenteuer Artenschutz

als Tierärztin im Dschungel

Sie ist in den Dschungeln der Welt zu Hause: Hannah Emde, 28, setzt sich als Tierärztin für den Erhalt der Arten ein. Sie arbeitet mit dem extrem seltenen Nebelparder auf Borneo, mit bunten Riesenpapageien in Guatemala, mit Orang-Utans oder mit einer vier Meter langen Würgeschlange. Überall auf der Welt engagiert sie sich, um Tiere vor dem Aussterben zu schützen, dabei haben es ihr die Regenwälder besonders angetan. Sie berichtet mitreißend von der Schönheit des Dschungels und vermittelt eindringlich, warum Exoten wie der Lemur auf Madagaskar und der Bullenhai in Costa Rica gefährdet sind. Und was jeder Einzelne von uns hier und jetzt dafür tun kann, um ihren Lebensraum zu bewahren. Malik 18€

Vorheriger ArtikelLemon Lounge: Bar Award und zwei Pop-up Stores
Nächster ArtikelGOP – Der kleine Prinz auf Station 7