Tijen Onaran ist Moderatorin, Speakerin und Gründerin der ‘Global Digital Women’. Das internationale Netzwerk setzt sich für mehr Sichtbarkeit und Empowerment von Frauen in der Digitalbranche ein und berät Unternehmen in Diversitätsfragen. Tijen steht für Networking in der Wirtschaft und ist Expertin auf dem Gebiet des Personal Branding. BREMER-Autorin Fanny Quest führte mit der Influencerin ein exklusives Interview.

BREMER: Was ist eigentlich Personal Branding?
Tijen Onaran: Der Begriff des Personal Brandings wird in Deutschland eher kritisch gesehen. Viele verbinden damit Donald Trump und Ego-Shows. Dabei geht es nicht darum, sich zu verkaufen, sondern sich zu positionieren – bevor es andere für einen tun.

An wen richtet sich dein Buch?
Egal, ob Angestellte*r, Freelancer*in oder Student*in, ob Informatiker*in oder Krankenpfle-ger*in, das Buch richtet sich tatsächlich an jede*n. Ich bin fest davon überzeugt, dass Personal Branding eines der wichtigsten Instrumente ist, um das eigene Leben selbstbestimmt zu gestalten. Mir hat Personal Branding Selbstständigkeit ermöglicht, je­mand anderem wird Personal Branding einen neuen Job bringen oder die wohlverdiente Aufmerksamkeit für das, was man täglich macht!

Eine Marke aufbauen, heißt…
…ein Ziel zu haben. Mir muss klar sein, wofür ich stehe und wie ich wahrgenommen werden möchte.

Eigene Themen finden und sich positionieren – kannst du da Beispiele nennen?
Es gibt auf Instagram mittlerweile zahlreiche Menschen aus Pflegeberufen, die das sehr gut machen! Beispielsweise die Kranken­schwes­­ter Jeannine (einfach.jean), sie teilt ihren Joballtag und klärt über die Zustände im Gesundheitswesen auf. Damit zeigt sie eines: es wird nicht über sie geredet, sondern sie ist Teil der Debatte. Beim Personal Branding geht es nicht um das Zählen (von Follo­wer*innen etwa), sondern um das Erzählen! Greta Thunberg ist ein weiteres Beispiel: sie hat als einzelne Person eine ganze Bewegung angestoßen, u.a. eben auch mit der Kraft der digitalen Medien und einer sehr klaren Positionierung.

Wie kann man auf sich aufmerksam machen?
Indem die Themen im Vordergrund stehen, nicht die Ich-Message an sich. Ich muss mir erst Themen überlegen, für die ich wahrgenommen werden möchte und im nächsten Schritt dann die Kommunikation. Wenn ich weiß, welche Themen ich besetzen möchte, ist es wichtig, eine Haltung und Meinung zu haben und zu entwickeln. Meinungsstärke macht gute Positionierung aus! Das ist nicht immer einfach, denn Meinung bringt Gegenmeinung. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass auch Gegenmeinung einen weiterbringt und häufig auch hilft zu reflektieren und die eigene Position aus einer anderen Perspektive zu sehen.

Social Media richtig nutzen, hast du 3 Tipps?
Der erste Tipp lautet: lieber einen Kanal richtig als viele falsch. Um herauszufinden, welcher Kanal der für mich entscheidende ist, muss ich die Zielgruppe, die ich erreichen will, definieren. Wer soll mich kennen? Wen sollen meine Themen erreichen? Sobald ich diese Fragen geklärt habe, entscheidet sich auch der Kanal. Der zweite Tipp: persönlich, aber nicht privat. Persönlich bedeutet: ich bin verheiratet, privat: ich habe Eheprobleme. Das Internet vergisst nie, dessen muss ich mir bewusst sein und sobald ich etwas poste, muss ich immer im Hinterkopf haben, dass es viele Menschen (unabhängig der Follower*innen-Zahl) lesen. Letzter Tipp: Social Media ritualisieren! Das bedeutet nicht, dass ich 24h online sein sollte, sondern be­wusst mir Zeiten einplane, in denen ich aktiv an meiner digitalen Sichtbarkeit arbeite!

Wie wichtig ist Networking?
Ein Netzwerk multipliziert die Sichtbarkeit. Netzwerken ist allerdings keine Einbahnstraße. Geben und Nehmen lautet das Prinzip und das ist auch wichtig beim Thema Sichtbarkeit. Nur wenn ich auch andere in deren Sichtbarkeit unterstütze, werde ich auch selbst Unterstützung bei meiner Sichtbarkeit erfahren.

Worauf bist du stolz?
Auf mein Unternehmen Global Digital Women, das ich gemeinsam mit meinem Mann aufgebaut habe. Ich komme nicht aus einer Unternehmerfamilie, umso schwieriger war der Weg zur Unternehmerin. Nicht nur aufgrund der finanziellen Voraussetzungen, sondern vor allem auch, weil das Netzwerk fehlt. Letzteres habe ich mir selbst aufgebaut und bin deshalb der festen Überzeugung: ein Netzwerk ist die Basis für berufliche Unabhängigkeit.

Ein Fehler, aus dem du viel gelernt hast, ist…
…Augen auf bei der Partnerwahl! Das gilt sowohl im Privaten wie im Beruflichen. Gerade beim Thema Sichtbarkeit ist es enorm wichtig, Menschen um sich herum zu haben, die unterstützend sind und nicht neiden. Mit der Sichtbarkeit kommt Neid. Dessen muss sich jede*r bewusst sein – umso wichtiger ist es, ein positives Umfeld zu haben.

Hast du ein Vorbild?
Meine Eltern sind meine Vorbilder. Mein Vater, da er mir immer mitgegeben hat, unabhängig zu sein. Meine Mutter, die wie keine andere Optimismus und Zuversicht, gerade auch in Krisenzeiten, versprüht. Beide sind und waren übrigens immer sehr sichtbar. Ich bin in einem sehr offenen, liberalen – heute würde man sagen – vernetzten Elternhaus groß geworden.

Hast du einen Wunsch?
Dass wir in naher Zukunft nicht mehr darüber sprechen, ob es mehr Vielfalt in der Wirtschaft braucht, sondern wie wir sie erreichen!

Hast du ein Lebensmotto?
If you can see it, you can be it!

Foto: Urban Zintel

F.Q.

Tijen Onaran
Nur wer sichtbar ist, findet auch statt
Werde deine eigene Marke und hol dir den Erfolg, den du verdienst

Wie wir uns präsentieren und wie wir wahrgenommen werden, ist Teil unserer Persönlichkeit. Das Bild, das wir abgeben, und die Rolle, die wir spielen, sind elementar für unseren Erfolg im beruflichen wie im privaten Kontext. Tijens eigener Erfolg fiel ihr nicht einfach zu, denn zu Beginn ihrer Karriere wurde sie oft in Schubladen gesteckt. So widmet sich Onaran der Frage, wie man eine persönliche Marke aufbaut und wie man seine eigene Agenda findet. Im Buch zeigt sie, wie wir unsere Wahrnehmung online in den sozialen Medien, aber auch offline, selbst gestalten können. Dabei berichtet sie von ihren eigenen Erfahrungen in der Politik und der Digitalbranche, von Rückschlägen, Lerneffekten und ihrer ganz persönlichen Markenbildung. Goldmann Verlag 12€

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