Bekannt als ‘Cindy aus Marzahn’ legte Ilka Bessin 2016 ihre Kunstfigur ab und startete neu. Soeben erschien ihr Buch ‘Abgeschminkt’ und mit ihrem gleichnamigen Soloprogramm kehrt sie auf die große Comedybühne zurück. Kleine und große ‘bumslustige’ Geschichten mitten aus dem Leben der Spritzgebäck liebenden Spaßrakete gehören zum Programm. Mit der Berlinerin führte BREMER-Autorin Fanny Quest ein exklusives Interview.

BREMER: Wie entstand deine Figur Cindy aus Marzahn?
Ilka Bessin: Nach einem Telefonat! Ich war damals arbeitslos und rief im Quatsch Comedy Club an. Ich wollte mich dort als Kellnerin bewerben und als ich anrief, meldet sich ein Thomas am Telefon. Ich dachte, ich rede mit Thomas Hermanns und plapperte drauf los: „Ich kenn’ Sie aus dem Fernsehen” und, und, und. Nach ein paar Minuten sagte die andere Stimme: „Ich bin nicht Thomas Hermanns, ich bin Thomas Schrode und mach’ das Booking für die Talentschmiede, hast du nicht Lust, hier mal aufzutreten?” Er erklärte mir noch, dass ich eine etwa fünf Minuten lange Ge­schichte auf der Bühne erzählen müsste, den Text sollte ich ihm vorab per Mail schicken. Das habe ich dann auch gemacht und Cindy war geboren.

War es schwierig für dich, die Rolle der Cindy aufzugeben?
Es war kein schwieriger Abschied, eher ein trauriger. Ich durfte eine so lange Zeit so tolle Sachen mit dieser Bühnenfigur erleben. Ich hatte tolle, aber auch nicht so tolle Zeiten, die mich geprägt haben. Deswegen war es schon traurig, den Jogginganzug an den Nagel zu hängen.

Wie empfindest du die Zeit ohne Cindy?
Es ist viel passiert, ich darf so vieles machen, mich ausprobieren und mich als Ilka Bessin zeigen.

Was hat dich die Zeit in der Medienwelt gelehrt?
Augen auf im Straßenverkehr. Das habe ich in der Medienwelt gelernt.

Rückblickend: Wie war es, deine Geschichte aufzuschreiben?
Eine tolle Erfahrung. Ich bin sehr dankbar dafür.

Nenne uns drei Dinge, die du beim Schreiben über dich selbst gelernt hast?
… dass ich keine Ausdauer habe. Man will, dass das Buch schnell fertig wird, damit man es lesen kann. Man will wissen, wie sieht’s aus und ob es die Leute interessiert. Also habe ich gelernt, dass ich dreimal keine Ausdauer habe.

Welches Kapitel hat dich am meisten bewegt?
Das ist natürlich schon die Geschichte um meinen Vater. Aber jedes Kapitel hat so einen Punkt, der einen beschäftigt. Es ist ja auch das Leben, das man gelebt hat. Deswegen ist in jeder Ge­schichte ein bisschen Emotionalität und Freude dabei.

Wer sollte deiner Meinung nach dieses Buch lesen?
In erster Linie hätte ich mir natürlich gewünscht, dass der Papa es lesen kann, aber auch so die Lehrer von früher. Das fände ich auch mal ganz gut, dass die ein Buch lesen, welches ich geschrieben habe. Ich glaube, es sollte einfach jeder lesen, der Bock hat, zu erfahren, was in meinem Leben so passiert ist.

Was macht dich glücklich?
Es sind die kleinen Dinge, die mich glücklich machen. Zeit mit der Familie und Freunden verbringen, meinen Hund zu knuddeln und einfach das zu genießen, was einen glücklich macht.

Was macht dich unglücklich?
Ich möchte mich nicht mehr mit Dingen beschäftigen, die mich unglücklich machen. Das habe ich zu lange getan.

Wie sehen deine zukünftigen Pläne aus?
Ich will weiter an meinem neuen Soloprogrogramm schreiben. Ich denke auch darüber nach, ein Drehbuch zu schreiben. Es klingt einfach, aber ich möchte weiterhin viele Menschen zum Lachen bringen.

Hast du ein Lebensmotto?
Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede.

Abgeschminkt von Ilka Bessin
Abgeschminkt von Ilka Bessin

Ilka Bessin
Abgeschminkt
Pinkfarbener Jogginganzug, eine Blume in der blonden Perücke, dicke Schminke, Berliner Schnauze – und langzeitarbeitslos. Das war ‘Cindy aus Marzahn’, die ab 2005 eine steile Karriere hinlegte. Im Laufe der Jahre wurde ihrer Erschafferin die Rolle jedoch zu eng; sie wollte viel mehr, als ‘Cindy aus Marzahn’ konnte. 2016 war deshalb Schluss, die Kunstfigur ist weg und hat Platz für ihre Erfinderin gemacht: Ilka Bessin. Hier erzählt sie erstmals aus ihrem Leben: von ihrer ergreifenden Kindheit über die Arbeitslosigkeit bis hin zu ihrer Zeit als gefeierter Bühnenstar. Ihre bewegende Geschichte ist die einer Ausnahme-Künstlerin. Ein Buch, das einen berührt, immer wieder zum Lachen bringt und gerade deshalb Mut macht!
Heyne Verlag 15€

(Foto: Matthias Bothor)

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