In dem Beziehungsdrama von Sven Taddicken geht es um das Vergeben und Vergessen sowie den Wunsch nach Rache. Im Mittelpunkt steht ein Paar, das eine Vergewaltigung verarbeiten muss und dem sich eines Tages die Möglichkeit der Vergeltung auftut. Doch während manche Menschen nur vergessen wollen, setzen andere auf Rache. Der Film des deutschen Regisseurs feierte beim 43. Toronto International Film Festival Weltpremiere und begeisterte das kritische Publikum auf ganzer Länge. Mit seinem inzwischen 13. Film beweist Regisseur Sven Taddicken sein Können.

Welch ein Albtraum: Der idyllische Sommerurlaub eines jungen Pärchens auf Mallorca findet ein jähes Ende als drei Jugendliche abends in den Bungalow eindringen. Den kleinen Provokationen zu Beginn folgt bald der große Horror: Vor den Augen des wehrlosen Malte wird seine Freundin Liv sadistisch vergewaltigt.
Zwei Jahre später zurück in Berlin hat das Lehrer-Paar das Trauma mit einer Therapie scheinbar verarbeitet und zur Normalität zurückgefunden. Da entdeckt Malte zufällig in einem Imbiss einen der Täter mit dessen Freundin. Heimlich folgt er dem Paar, verliert es in einem U-Bahnhof jedoch aus den Augen. Immer wieder wird Malte sich danach an dieser Station auf die Lauer legen, um seinen Peiniger zu erwischen. Liv ahnt von alledem nichts. Als Sascha, der Vergewaltiger, tatsächlich im Bahnhof auftaucht, nimmt Malte die Verfolgung auf. Was nun? Selbstjustiz? Polizei? Wie das Drama weitergeht, wird natürlich nicht gepetzt!

Nur soviel: Die Dinge eskalieren, die Handlung nimmt dramatische Wendungen und schließlich droht die Beziehung des Paares aus dem Ruder zu geraten. Ein bisschen erinnert das an Michael Hanekes beklemmende Parabel ‘Funny Games’. Hier wie dort jene perfide Gewalt von skrupellosen Tätern. Die Ohnmacht der Opfer – und gnadenlose Rachegelüste, die die Beteiligten samt Publikum schockieren. Die eiskalte Präzision und Eleganz des österreichischen Meisterregisseurs erreicht die Inszenierung von Sven Taddicken zwar kaum – bisweilen wirkt die Story zu sehr konstruiert und die Dialoge fallen zu geschwätzig aus.

Überzeugend präsentieren sich derweil die Hauptdarsteller Maximilian Brückner und Luise Heyer als traumatisiertes Paar, das mit großer Glaubwürdigkeit und psychologisch plausibel die Balance zwischen Schuldgefühlen, Verzweiflung und dem Wunsch nach Vergeltung hält. Verdient wurde Heyer für ihre Leistung für den Deutschen Film­preis nominiert. Mehr noch: Auch für ihre Rolle als depressive Mutter von Hape Kerkeling in ‘Der Junge muss an die frische Luft’ geht sie ins Rennen um die wichtigste Filmtrophäe hierzulande.
Dieter Oßwald

Drama, Thriller, DEU, FRA 2018, R.: Sven Taddicken, D.: Maximilian Brückner, Luise Heyer, Leonard Kunz, Filml.: 93 Min, ab dem 2. Mai im Kino!
Ein Interview mit Schauspieler Maximilian Brückner findet sich im aktuellen BREMER!

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