Ina Lehr im Interview – Clever lernen

Ina Lehr ist Grundschullehrerin, Didaktikexpertin und Mutter von drei Kindern. Nach zwei Staatsexamen mit Auszeichnung und Stationen im Schuldienst sowie im Bildungsministerium entwickelte sie ihre eigene Lernmethode – basierend auf wissenschaftlicher Forschung und Alltagserfahrung. Auf Instagram inspiriert sie unter @hallolernen über 180.000 Eltern mit alltagsnahen Tipps zum erfolgreichen Lernen zu Hause. BREMER-Autorin Fanny Quest führte ein exklusives Interview mit Ina Lehr über ihren Bildungsansatz und ihren Einfluss auf die Lernkultur.
BREMER: Was macht die Hallo Lernen Methode so besonders?
Ina Lehr: Ich zeige Eltern, wie sie ihre Kinder schlau fördern – zur richtigen Zeit (Lernfenster), in der passenden Schwierigkeitsstufe (Lernstufe) und mit der passenden Methode. Dafür habe ich Lernkonzepte entwickelt, die dem Gehirn gefallen: Geschichten, Bilder, Spiele. So kann sich dein Kind Inhalte leichter merken und mit Freude lernen.
Welche Rolle spielen Eltern beim Schulstart wirklich?
Eltern sind die wichtigste Säule in der Bildung ihres Kindes, denn du sitzt jeden Tag mit deinem Kind an den Hausaufgaben, erklärst und lernst mit ihm. Du kennst dein Kind am besten und bei dir ist dein Kind nicht nur eins von vielen. Deine Rolle als Elternteil ist zentral. Du bist mehr als nur Unterstützer: Du bist der Lernpartner, der dein Kind mit bedarfsgerechter Unterstützung begleitet. Dabei bekommst du von ‚Hallo Lernen‘ das Wissen, die Strategien und die Materialien, um souverän und selbstbewusst zu handeln.
Warum fällt vielen Kindern der Schulanfang schwerer als gedacht?
Was allen bewusst ist: Der Schulstart fällt vielen Kindern schwerer, als man denkt, weil es ein großer Schritt ist. Ein Schritt vom vertrauten, spielerischen Kindergartenalltag hin zu einer neuen Welt mit Struktur, Regeln und Leistungsanforderungen. Viele Kinder fühlen sich überfordert.
Was kaum jemand bedenkt: Das Vorwissen, das in der Schule vorausgesetzt wird, ist oft nicht ausreichend vorhanden. Ein phonologisches Bewusstsein, Stifthaltung, Mengenverständnis etc.
Wie lernt das Gehirn am liebsten?
Das Gehirn lernt am liebsten mit emotionalen Geschichten voller sozialer Interaktionen.
Darum kannst du dich so gut an das Märchen Rotkäppchen erinnern, aber nicht mehr an Karl V. Natürlich gibt es noch viele weitere lernpsychologische Erkenntnisse, die in die Hallo-Lernen-Methode einfließen. Aber Geschichten sind am effektivsten. In meiner ‚Digitalen Vorschule‘ lernen Kinder durch Lerngeschichten Buchstaben, Zahlen sowie Lesen und Rechnen.
Was sind typische Fehler beim Buchstabenlernen?
Viele Eltern und auch manche Lehrkräfte bringen Kindern Buchstaben direkt über den Laut bei. Das klingt erstmal logisch, entspricht aber nicht den natürlichen Lernprozessen des Gehirns. Effektiver ist es, Buchstaben mit persönlichen Bildern, Gefühlen und kleinen Geschichten zu verknüpfen. So speichert das Gehirn die neuen Informationen leichter und dauerhaft im Langzeitgedächtnis.
Stell dir vor: Dein Kind sieht einen Buchstaben zum ersten Mal. Es weiß noch nicht, wo die Linie beginnt, in welcher Richtung sie gezogen wird oder welche Linie zuerst kommt. Es kennt die passenden Laute noch nicht und weiß auch nicht, wie der Buchstabe heißt. Genau deshalb ist ein anschaulicher, kindgerechter Zugang so wichtig.
Wie kann ich mein Kind fürs Lesen begeistern?
Das ist ein weites Feld. Nehmen wir mal folgendes Szenario an: Dein Kind weigert sich, Lesen zu üben. Dann könntest du zu deinem Kind sagen: „Ich weiß, du denkst von dir, du könntest nie lesen lernen, aber das stimmt nicht. Ich beweise dir, dass das nicht stimmt. Du musst heute nichts weiter tun, als ein einziges Wort zu lesen.“ In solchen Momenten arbeite ich gern mit kleinen, spielerischen Leselevels – zum Beispiel mit nummerierten Umschlägen, die das Lesen zu einem motivierenden Spiel machen. So entsteht Lesefreude Schritt für Schritt – ganz ohne Druck. Die genaue Methode, inklusive Tipps gegen Perfektionismus, stelle ich ausführlich in meinem Buch vor.
Was ist wichtiger: Motivation oder Methode?
Die richtige Methode erzeugt Motivation, aber Motivation reicht allein nicht aus, wenn die Methode schlecht gewählt ist.
Was hilft, wenn Kinder Zahlen nicht ‚verstehen‘?
Wenn dein Kind Zahlen nicht versteht, ist das ständige Abzählen die Wurzel allen Übels. Dein Kind hat zu den Zahlenworten kein Mengenverständnis erlernt. Stell dir vor, dein Kind würde mit meiner eigens entwickelten Lernmethode Zählen so lernen, dass es danach sogar rechnen kann, selbst schon mit 2 oder 3 Jahren. Das ist ganz einfach mit geordneten Mengenbildern von Hallo Lernen.
So entsteht kein zählender Rechner, sondern echtes, nachhaltiges Zahlenverständnis.
Was viele nicht über Aufschieberitis bei Kindern wissen …?
Aufschieberitis, auch Prokrastination genannt, ist selten Faulheit, sondern der Mangel an einem System, das es dem Gehirn leicht macht, Ziele zu erreichen.
Was können Eltern tun, ohne zu überfordern?
Zwei Dinge:
1. Lernfenster
Das Wort Lernfenster setzt sich zusammen aus den Begriffen Zeitfenster und Lerninteressen. Ein Lernfenster ist ein Zeitabschnitt, in dem dein Kind ein großes Interesse an einem Lernthema hat. Dein Kind zeigt plötzlich echtes Interesse an Buchstaben oder Zahlen, stellt Fragen, probiert von sich aus etwas aus. Genau das ist das Signal: Jetzt ist das Lernfenster offen. Nutze diesen Zeitraum, denn dein Kind saugt jetzt Wissen wie ein Schwamm auf.
2.Minischritte
Brich jede schwere Aufgabe in Minischritte runter. Selbst wenn dein Kind null Motivation hat, kannst du mit den einfachsten ersten Schritten wieder alles retten. Meistens ist einfach die Aufgabe zu groß.
FQ

Ina Lehr – Hallo Lernen! Den Schulstart kinderleicht meistern
Der Schulstart ist ein großer Meilenstein und mit der richtigen Begleitung gelingt er ganz leicht. Ina Lehr zeigt, wie du dein Kind individuell und mit Freude beim Einstieg ins Lernen unterstützen kannst. Ihre Methode basiert auf fünf Säulen, die das natürliche Lernen fördern: mit Geschichten, Bildern, spielerischen Wiederholungen und klarem Aufbau. So wird Lernen zum Abenteuer und dein Kind kann sein volles Potenzial entfalten – vom ersten Buchstaben bis zum Kopfrechnen mit Leichtigkeit.
Hier geht’s zum Buch ‚Hallo Lernen! Den Schulstart kinderleicht meistern‘