Amenra // 17. November, 20 Uhr, Kulturzentrum Schlachthof, Kesselhalle
Die Belgier sind keine gewöhnliche Band, sondern eine Art Kultgemeinschaft. Seit ihrer Gründung 1999 in Kortrijk errichten Sänger Colin H. van Eeckhout, Gitarrist Mathieu Vandekerckhove und Schlagzeuger Bjorn J. Lebon Klangkathedralen aus Schmerz, Hingabe und spiritueller Erlösung. Aus der Hardcore-Szene hervorgegangen, haben sie eine eigene Form von sakralem Post-Metal geschaffen, die gleichermaßen verstört wie versöhnt.
Bekannt wurden ‘Amenra’ durch ihre düster-wuchtige ‘Mass’-Reihe, deren sechstes Kapitel ‘Mass VI’ (2017) ein finsteres Meisterwerk der Intensität war. Jeder Teil funktioniert wie eine Messe – ein Versuch, das Unsagbare in Klang zu verwandeln. Seit 2005 ist die Band Teil des belgischen Künstler:innen-Kollektivs ‘Church of Ra’, das Musik, Performance und bildende Kunst zu einer rituellen Einheit verschmelzen lässt. Zum Kreis gehören ‘Oathbreaker’, ‘Wiegedood’, ‘The Black Heart Rebellion’ und ‘Kingdom’ – eigen in Stil, aber im Geist mit ‘Amenra’ verbunden. Zentral ist ihre religiöse Symbolik: Der Name ‘Amenra’ vereint das christliche „Amen“ mit Ra, dem ägyptischen Sonnengott – Sinnbild für Licht im Dunkel, Glauben im Zweifel, Schmerz als Weg zur Erkenntnis. Kreuze, Opfergesten und kontemplative Stille durchziehen ihre Texte und Shows. Dabei geht es nicht um Dogmen, sondern um existenzielle Fragen: Wie aus Leid etwas Heilsames entstehen kann, wie Spiritualität in Klang erfahrbar wird.
Mit der diesjährigen Doppel-EP ‘De Toorn’ und ‘With Fang and Claw’ führen die Belgier dieses Konzept fort. Stücke wie ‘Forlorn’ oder ‘Salve Mater’ greifen Motive von Schuld, Schmerz und Erlösung auf – mal in lähmender Langsamkeit, mal in eruptiver Gewalt. Der Sound bleibt roh, aber klarer strukturiert, fast meditativ – als hätte die Band nach Jahren der Dunkelheit ein neues Kapitel aufgeschlagen. Live wird diese Erfahrung zur Dunkelmesse: Der Blick des Frontmanns nach innen, die Bühne zum Altar. Es dürfte einer der intensivsten Konzertabende des Herbstes werden – laut, düster und von tiefer Menschlichkeit durchzogen.
Als Support eröffnet der belgische Musiker ‘Youniss’ den Abend. Sein Sound mischt düsteren Electronica, Industrial-Noise, R&B-Fragmente und Spoken Word zu einem introspektiven Trip zwischen Körperlichkeit und Spiritualität – ein passender Einstieg in die Welt von ‘Amenra’.
Christoph Becker
Am 17. November um 20 Uhr, Kulturzentrum Schlachthof, Kesselhalle






