30 Jahre SELIG Tour // 1. Dezember, 20 Uhr, Kulturzentrum Schlachthof, Kesselhalle
Mit ihrem Mix aus Grunge, Rock und poetischen deutschen Texten schufen ‘Selig’ Mitte der 90er einen Sound, der bis heute nachhallt. Songs wie ‘Ohne Dich’, ‘Wenn ich wollte’ und ‘Bruderlos’ gehören längst zum festen Kanon deutschsprachiger Rockmusik. Jetzt feiert die Hamburger Band ihr 30-jähriges Jubiläum – mit einer großen Tour quer durch die Republik. Im Herbst 2025 kommt die Band um Sänger Jan Plewka auch nach Bremen, um im Kulturzentrum Schlachthof zu spielen. Der BREMER hat mit der gesamten Band über Anfänge und Einflüsse und den Wandel der Musiklandschaft gesprochen.

BREMER: Vor ziemlich genau 30 Jahren habt ihr euch in Hamburg zusammengefunden. Wie war das damals, diese Anfangszeit in den frühen 90ern, als deutschsprachige Rockmusik gerade wieder Boden gewann?
Selig: Wir waren 1993 zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Grunge-Bands der Zeit und deren musikalische Vorbilder waren für uns eine große Inspiration. Wir wollten deutsche Texte mit dem Sound von Bands wie ‘The Black Crowes’, ‘Led Zeppelin’ oder ‘The Doors’ verbinden. Da es diese Kombination damals noch nicht gab, hatten wir ein Alleinstellungsmerkmal.
In den 90ern war es keineswegs selbstverständlich, Rockmusik auf Deutsch zu machen. Gab es zu Beginn auch Überlegungen, auf Englisch zu singen – und warum habt ihr euch letztlich bewusst für die deutsche Sprache entschieden?
Deutschsprachiger Hip Hop hatte dafür den Boden geebnet. Das war für uns ein großes Glück, denn Jan hat sein ganzes Leben auf Deutsch getextet, und es stand nie zur Debatte, daran etwas zu ändern.
Euer Stil verband grungige Gitarrenmusik, Psychedelic und deutsche Poesie – eine ungewöhnliche Mischung. Welche Bands oder Künstler:innen haben euch damals inspiriert, und wie habt ihr diesen ganz eigenen ‘Selig’-Sound entwickelt?
Wir hörten Bands wie ‘Pearl Jam’, ‘Soundgarden’ oder ‘Lenny Kravitz’, aber eben auch die Old-School-Garde der 70er wie ‘Pink Floyd’, ‘Deep Purple’ oder ‘The Who’. Entscheidend für unseren Sound war und ist allerdings die Mischung unserer musikalischen Persönlichkeiten. Wir haben uns alle auf unsere eigene Art ausgedrückt und das kam dabei heraus.
Ihr habt euch 1999 getrennt, dann 2008 neu gefunden. Wie sehr seid ihr heute noch dieselbe Band wie damals – und was hat sich im Verhältnis zueinander und zur Musik am meisten verändert?
In den 90ern steckten wir als Band in unserer Pubertät. Heute sind wir Erwachsene mit einem großen Erfahrungsschatz. Wir blicken mit Dankbarkeit auf unsere Anfänge zurück. Aber 30 Jahre später können wir immer noch so viel Spaß miteinander haben und das mit vielen Menschen teilen. Wenn wir auf die Bühne gehen, gibt es noch immer diese Euphorie, die wir als 20-Jährige hatten.
Wenn ihr heute auf die deutsche Musiklandschaft schaut: Was hat sich seit euren Anfangstagen verändert – im Sound, in der Haltung, in der Art, wie Musik veröffentlicht oder erlebt wird?
Eigentlich alles. Heute kann jeder in seinem Kinderzimmer Musik produzieren und sich selbst vermarkten. Geht man viral, braucht es keinen Anschub großer Firmen mehr. Früher war man auf das Wohlwollen der Musikindustrie angewiesen, um wahrgenommen zu werden. Allerdings ist es heutzutage schwer, von der Musik zu leben. Man muss viel live spielen, denn CD-Verkäufe bringen genauso wenig ein wie das Streaming. Und eine besonders gruselige Entwicklung ist die Masse an KI-Musik, die einem überall untergejubelt wird.
Wenn ihr auf das Konzert in Bremen blickt – was erwartet das Publikum und worauf freut ihr euch selbst am meisten, wenn ihr hier auf die Bühne geht?
Es gibt rund 120 Minuten Energie von vier Leuten, die immer alles geben – mit fantastischem Sound und Licht. Wir hoffen sehr, dass sich diese Energie auf das Publikum überträgt.
Christoph Becker
Am 1. Dezember um 20 Uhr, Kulturzentrum Schlachthof, Kesselhalle






