Alfons // 5. Dezember, 20 Uhr im Metropol Theater

Emmanuel Peterfalvi, so heißt der Franzose mit dem Puschel eigentlich, blickt seit fast drei Jahrzehnten mit feinem Humor und viel Herz auf das Miteinander in Deutschland. In seinem neuen Programm ‘Klasse!’ erzählt er von einer Schulklasse, die ihn dazu brachte, über Demokratie, Zuhören und Zusammenhalt neu nachzudenken. Ein Gespräch über die Liebe zu Deutschland, bröckelnde Brücken – und darüber, warum jeder von uns entscheidet, wohin das eigene Licht fällt.
BREMER: Wie hat sich Alfons über die Jahre hinweg verändert?
Alfons: Mich gibt es seit etwa 25 Jahren. Wenn ich mir die alten Sachen anschaue, dann merke ich: Die Figur ist erwachsen geworden. Am Anfang war Alfons eher ein Kind. Irgendwann wurde er älter, genau wie ich. Und heute ist er reifer. Am Anfang fand Alfons ausschließlich im Fernsehen statt: erst ‘extra 3’, später ‘Panorama’ und irgendwann ‘Verstehen Sie Spaß?’. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass mir der direkte Kontakt zu den Menschen fehlt – deshalb kam die Bühne. Und zunächst war mein Ziel, dass die Leute lachen. Aber irgendwann habe ich verstanden: Das reicht mir nicht. Ich will Geschichten erzählen – Geschichten, die zum Lachen bringen, aber auch das Herz berühren. Am liebsten möchte ich, dass das Publikum lacht und weint, so wie das Leben ist. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer sagen mir danach, dass sie das Stück noch Wochen beschäftigt. Solche Rückmeldungen sind das schönste Kompliment, mehr als ausverkaufte Säle.
Du hast einmal gesagt, du hättest dich in Deutschland und die Deutschen verliebt. Gilt diese Liebe immer noch – und hat sie sich verändert?
Ja, absolut. Ich bin völlig zufällig nach Deutschland gekommen, das war nie geplant. Aber dass ich geblieben bin, war kein Zufall. Ursprünglich sollte ich 16 Monate bleiben. Doch ich habe gemerkt, wie viele wunderbare Dinge es hier gibt – Dinge, die ihr in Deutschland oft gar nicht mehr wahrnehmt, weil sie für euch selbstverständlich sind. Natürlich gibt es heute Entwicklungen in Europa und auch in Deutschland, die ich mir früher nicht vorstellen konnte. Und genau deshalb spreche ich mit dem Publikum viel darüber, was los ist, warum es passiert und was wir gemeinsam tun können. Das ist wie in jeder Beziehung: Eine große Liebe bleibt, aber manchmal muss man reden.
Dein neues Programm heißt ‘Klasse!’ – ein doppeldeutiger Titel. Wie entstand das Stück und was möchtest du dem Publikum vermitteln?
Der Ausgangspunkt war eine Lehrerin, die nach einer Vorstellung auf mich zukam. Sie unterrichtete eine sehr schwierige Klasse, die sich auf nichts einigen konnte – nicht einmal auf eine Klassenreise. Sie fragte mich, ob ich einmal vorbeikommen könnte. Ich hatte keinerlei Erfahrung mit Schulklassen, aber ich sagte zu. Der erste Besuch war – aus meiner Sicht – eine Katastrophe. Doch die Lehrerin sagte: „Da ist etwas passiert, das braucht Zeit.“ Und am Ende wurden aus diesem einen Termin fünfzehn Termine. Das hat mich sehr geprägt. Aus dieser Erfahrung ist die Idee zu ‘Klasse!’ entstanden: eine Geschichte darüber, wie man miteinander redet, warum Demokratie wertvoll ist und weshalb manche Jugendliche sagen: „Ich hab keinen Bock mehr auf Demokratie.“ Genau da müssen wir zuhören und verstehen, was dahintersteckt. Mittlerweile besuche ich häufig Schulklassen und spreche über verschiedene Säulen der Demokratie.
Du hast dafür die Grand-Mère Stiftung gegründet. Warum dieser Name?
In meinem Programm ‘Jetzt noch deutscherer’ erzähle ich viel von meiner Großmutter, meiner Grand-Mère. Sie hat Auschwitz überlebt und dennoch nie die Deutschen gehasst. Als Kind konnte ich das nicht begreifen. Später hat sie mir erklärt, warum. Sie hat sich enorm in Schulen engagiert und immer wieder mit Schülerinnen und Schülern über diese Zeit gesprochen: darüber, was geschehen ist und warum es nie wieder passieren darf. Als ich begann, selbst Schulklassen zu besuchen, habe ich sofort an sie gedacht. Die Stiftung nach ihr zu benennen, war deshalb ganz selbstverständlich.
Du nennst dich selbst einen „Reparateur der Brücken“, die in unserer Gesellschaft bröckeln. Welche Rolle spielt Humor dabei?
Ich glaube, Humor ist etwas, das uns Menschen auszeichnet. Wenn ich über Menschlichkeit rede, dann meine ich: Wir tragen alle Menschlichkeit in uns – blöderweise aber auch Unmenschlichkeit. Das können nur wir Menschen. Eine Giraffe kann nicht ungiraffig sein. Aber ein Mensch kann unmenschlich sein. Und genau deshalb nehme ich etwas, das uns Spaß macht – das Lachen. Etwas, das uns verbindet. Man kann denken, der andere sei ein Arschloch mit völlig falschen Ideen. Und trotzdem ist es möglich, gemeinsam über bestimmte Situationen zu lachen. Das ist etwas, das wir im Moment zu oft vergessen. Vielleicht kann ich als Außenstehender da einen kleinen Impuls geben. Mein Team hat übrigens protestiert, als ich das Stück ursprünglich ‚Make Deutschland ‘Zusammen’ again‘ nennen wollte – zu „trumpig“. Aber die Idee dahinter bleibt: Wir müssen wieder mehr miteinander reden.
Was stimmt dich trotz allem hoffnungsvoll, wenn du auf das heutige Miteinander blickst?
Dass ich immer wieder Situationen erlebe wie eben mit dieser Klasse. Jeder hat eine Taschenlampe und kann entscheiden, wo er Licht macht. Manchmal gibt es Reflexe, bei denen man sie automatisch auf das Negative richtet: „Alles ist scheiße, es ist vorbei, es kann nicht klappen, alle sind Arschlöcher.“ Aber eigentlich geht es darum, sich bewusst zu machen, dass man selbst entscheiden kann, wohin man leuchtet. Und zu sehen, dass es funktioniert. Und nicht nur, dass es funktioniert – es geht mir dadurch besser. Und wenn es mir besser geht, dann geht es auch den anderen um mich herum besser. Das gibt mir Hoffnung.
Hast du einen persönlichen Bezug zu Bremen?
Ja, einen großen. Ich war oft in Bremen, in verschiedenen Theatern. Viele Vorpremieren habe ich damals im Jungen Theater gemacht – gerade die Termine, an denen man besonders verletzlich ist, weil das Programm noch nicht steht. Ich habe irgendwann entschieden, das nur noch in Bremen zu machen, wegen der liebevollen Aufmerksamkeit des Publikums. Die Bremerinnen und Bremer hören unglaublich aufmerksam zu – das ist das Beste, was ich mir wünschen kann. Deshalb freue ich mich sehr auf meinen Auftritt.
Christoph Becker
Am 5. Dezember um 20 Uhr, Metropol Theater






