Fast 500 Jahre alt ist das verwinkelte Speichergebäude und es zählt zu einem der ältesten Häuser Bremens. Seit zweieinhalb Jahren hat sich hier ein soziokultureller Raum mit gastronomischem Angebot angesiedelt. In ‘Ruths Küche’ gibt es durchgehend warme Gerichte, selbstgebackene Kuchen und ausgefallene Eiskreationen.

Das urige Eckhaus befindet sich am Ende einer der belebten Straßen des Schnoor-Viertels. Das Ambiente ist hier ein ganz Besonderes: Viele kleine Räume und Nischen auf mehreren Ebenen laden zum Erkunden ein.
Nach dem Eintreten landen Gäste zunächst in der ‘Schmiede’ mit Tischen und einer Feuerstelle, eine Treppe hinauf geht es in den ‘Heuboden’, der mit seinen niedrigen Decken sowie den orientalischen Kissen und Teppichen einen gemütlichen Rückzugsort darstellt. Ganz oben in dem offenen Spitzboden befindet sich der Speicher, der als Mal-Atelier dient, aber auch Tische und Sitzgelegenheiten bietet.

Kunst trifft Kulinarik

Weitere Räumlichkeiten wie das ‘Hochzeitszimmer’ oder die ‘Bremer Stube’ bieten Platz für Feiern oder andere Veranstaltungen.
Die Einrichtung ist bunt gemischt und im gesamten Haus finden sich die verschiedensten Kunstwerke: von Malereien über Skulpturen bis zu Fotografien. Auch der Nachlass der Bremer Malerin Doris Lenkeit ist hier zu finden.

An sonnigen Tagen bietet eine kleine Terrasse Platz für ein paar Sitzgelegenheiten. Auch wir setzen uns nach draußen und begutachten die Speisekarte.
Vor 18 Uhr gibt es hier eine überschaubare Karte mit günstigen, eher einfachen Gerichten wie Quiche, Suppe oder Eintopf. Die Abendkarte von 18 bis 22 Uhr bietet dann mehr Auswahl wie gefüllte Fladenbrottaschen oder Rinder-Gulasch mit Pflaumen und Ingwer – von 4,80 Euro bis 14,80 Euro. Wer möchte, kann zwei Tage im Voraus ein Drei- oder Vier-Gänge Menü bestellen, das dann laut Karte bis zu 29,90 Euro kostet.
Ein besonderes Highlight sind Eissorten, die ohne Ei, aber dafür mit Alkohol hergestellt wurden: Kreationen wie Granatapfel-Tequila oder Schoko-Chili-Brandy werden für 1,50 Euro pro Kugel angeboten.

Wir entscheiden uns für ein Stück Quiche Lorraine für 6,80 Euro, den Chorizo-Eintopf für 6,80 Euro sowie einen Ananassaft 0,3l für 2,80 Euro und eine Cola 0,2l für 2,20 Euro.
Nach einer Wartezeit von etwa 15 Minuten erhalten wir unsere Bestellung. Das recht große Stück Quiche wird zusammen mit frischem Rucola serviert. Der herzhafte Kuchen schmeckt sehr gut, ist von den Zutaten und Gewürzen mild abgestimmt und begeistert mit seiner lockeren Füllung.
Auch der Chorizo-Eintopf überzeugt: Die spanische Wurst wird zusammen mit Bohnen, Kartoffeln und Tomaten in einem angenehm würzigen Fond serviert. Leicht scharf dominiert insbesondere der typische Geschmack nach Chorizo, an der keinesfalls gespart wurde. Frische Kräuter und Zwiebeln machen den Eintopf perfekt.
Die Portionen sind für ein Mittagessen groß und deshalb sehr sättigend. Und obwohl im ‘Ausspann’ auf den ersten Blick doch mehr Kunst und Integration im Vordergrund stehen, kann sich die Küche gut sehen lassen.

Köchin Ruth Degenhardt

„Eine Ausbildung zur Köchin habe ich nicht gemacht“, erzählt Ruth Degenhardt später, „eigentlich bin ich Künstlerin, aber ich koche schon lange und liebe es, Rezepte zu kreieren“. Die Gastronomin kennt Ronald Philipps, den Initiator des Ausspann Projekts, aus dem Künstlerhaus ‘ART15’. Die Galerie befindet sich ebenfalls im Schnoor und wird von einer gemischten Künstlergemeinschaft verwaltet – mit dabei Degenhardt und Philipps.

Das Projekt Ausspann war nun ein neues Experiment, in dem Kunst mit sozialen Projekten und solider, guter Küche verbunden werden sollte. „Wir haben hier viele Kurse und Angebote für Flüchtlinge zur Sprachförderung, zum Austausch und Kennenlernen“, erklärt die Köchin, „wir wollen ein Netzwerk schaffen.“

Doch ohne die vielen Ehrenamtlichen sei das Konzept nicht zu tragen und auch so sah es schlecht aus. Doch seit dem 3. Mai ist die Gemeinnützigkeit anerkannt. Dadurch ist das Ausspann in der Lage, dringend benötigte Spenden und Zuwendungen anzunehmen und dafür eine Spendenquittung auszustellen. Der Verein braucht nun dringend finanzielle Unterstützung für Material, Räumlichkeiten usw. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann Spenden auf das Konto DE18 2905 0101 0082 5367 23 bei der Sparkasse Bremen mit dem Verwendungszweck ‚Spende‘ überweisen.

Insgesamt kann im Ausspann gut und günstig gegessen werden – wir bezahlten zusammen 18,60 Euro.
Die Einrichtung und das gesamte Haus stechen mit den verworrenen Ecken, den Kunstwerken und dem gemischten Stil hervor. Das Ambiente entspricht nicht einem typischen Restaurant, sondern ist bewusst charakteristisch und kreativ gestaltet – schmale Treppen oder tiefhängende Balken inklusive. Die Bedienung und auch Köchin Ruth Degenhardt sind sehr freundlich und offen.
Es lohnt sich also, einen kleinen Abstecher in das alte Haus im Schnoor-Viertel zu machen.

LL

(Fotos: L. Bienkowski)

Künstlerhaus Ausspann, Schnoor 1, 28195 Bremen
Öffnungszeiten: Di. bis Do. 15-22 Uhr, Fr. bis So. 11-22 Uhr
Weitere Informationen unter ausspann-bremen.de

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