Wie ein Bremer Verein die Energiewende lebt
Auf einem Bremer Dach stehen Menschen nebeneinander, schrauben Solarmodule fest und erleben hautnah, wie aus Gemeinschaft und Sonnenlicht ein Stück Zukunft entsteht. Was wie ein utopisches Sommerprojekt klingt, ist Teil eines funktionierenden Konzepts, das die Energiewende in Bürgerhand bringt: Das Konzept verbindet Klimaschutz, erneuerbare Energien und soziale Verantwortung zu einem Modell, das Stromversorgung neu denkt. Der Bremer Verein ‘Bremer SolidarStrom’ zeigt, wie es geht.
Herzstück des Projekts ist der Solargemeinschaftsbau. Statt alles von Firmen erledigen zu lassen, helfen interessierte Bürger:innen unter fachkundiger Anleitung selbst mit bei der Montage, werden aktiv in den Prozess miteingebunden. Dadurch wird nicht nur aktiv dem Problem des Fachkräftemangels entgegengewirkt, wer mithilft lernt einiges und wird im besten Fall selbst zu einem Solarbotschafter. Darüber hinaus liefert SolidarStrom 100 Prozent Ökostrom in Kooperation mit den Elektrizitätswerken Schönau.
SolidarStrom kümmert sich um Planung, Logistik und Bauleitung, sicherheitsrelevante Elektroarbeiten werden professionell ausgeführt. So entstehen Anlagen, die nicht nur Kosten sparen, sondern auch Selbstbewusstsein schaffen: Denn wer ein Balkonkraftwerk oder eine Solaranlage eigenhändig aufbaut, beziehungsweise dabei hilft, erlebt die Energiewende nicht als abstrakte politische Forderung, sondern als greifbare Wirklichkeit. Ob als freiwillige helfende Hand oder Kund:in: niemand wird gezwungen auf dem Dach zu stehen. „Brötchen schmieren und Suppe kochen ist ein ebenso wichtiger Job“, gibt Christian Gutsche, Mitbegründer und Vorstandsmitglied bei SolidarStrom, lächelnd preis.

Auch ohne eigenes Dach lässt sich ein Beitrag leisten. Mit Balkonsolarmodulen bietet der Bremer Verein eine unkomplizierte Lösung, die sich an Hauswänden und Balkonen montieren lässt. Schon ein einziges Modul kann rund 100 Kilogramm Co2 pro Jahr einsparen und gleichzeitig die Stromrechnung spürbar senken. Besonders ungewöhnlich ist das solidarische Preismodell und die antikapitalistische Arbeitsethik des Vereins: Mit einer Preisampel entscheiden Kund:innen selbst, ob sie mehr, weniger oder den regulären Preis zahlen. Wer finanziell stärker aufgestellt ist, gibt etwas dazu und ermöglicht so auch Haushalten mit knapperem Budget den Schritt in die eigene Stromproduktion.
Nachhaltigkeit und gelebte Fairness zeigt sich nicht nur beim Bezahlsystem. Nahezu alle verbauten Teile kommen aus Fabriken, die nicht auf dem Ausbeutungsprinzip arbeiten. Anders als bei großen kommerziell arbeitenden Solar-Firmen, bei denen meist mit billigen Teilen aus China gearbeitet wird und sich so die Gewinnmarge maximieren lässt.
Für SolidarStrom ist das undenkbar. Denn nicht der große Geldregen steht im Fokus, zufriedene Gesichter, ein faires System und der gelebte Energiewandel ist hier Programm. „Zahl was du kannst, dann kriegst du was du brauchst“, betont Gutsche, dem der moralisch-ethische Aspekt der Arbeit besonders wichtig ist.

Der Verein versteht sich nicht nur als Anbieter von Energie, sondern als lebendige Gemeinschaft. Veranstaltungen, Austauschformate und gemeinsames Engagement sind fester Bestandteil des Konzepts. Es geht um mehr als Technik: Sondern um Zusammenhalt, Teilhabe und das gute Gefühl, gemeinsam an einer großen Aufgabe zu arbeiten. Dass dieser Ansatz überzeugt, zeigt die öffentliche Anerkennung: 2024 erhielt das Projekt den Bremer Gründungspreis in der Kategorie Sozial/Nachhaltigkeit.
Die Errungenschaften liegen auf der Hand: Kosten senken, Co2 einsparen, faire Preismodelle nutzen und die Energiewende aktiv mitgestalten. Bremer SolidarStrom beweist, dass Energieversorgung nicht anonym und unpersönlich sein muss, sondern gemeinschaftlich, fair und zukunftsorientiert. Wer sich für erneuerbare Energien interessiert, findet nicht nur Stromtarife oder Solarmodule, sondern eine Einladung, Teil einer Bewegung zu werden, die beweist: Die Zukunft der Energie beginnt mitten in der Gesellschaft.
Mika Dunkel
Bremer SolidarStrom, Wielandstraße 15, 28203 Bremen, Tel.: 0421 17310792, Öffnungszeiten: Mo. & Fr. 15.30 – 17.30 Uhr, 
weitere Infos und Angebote: bremer-solidarstrom.de
 
                
