In dieser Inszenierung werden den Zuschauern die Abgründe menschlichen Verhaltens vor Augen geführt. Das Ensemble der Shakespeare Company beschäftigt sich mit existenziellen Fragen, die Begriffe wie Eigenliebe, Moral und menschlichen Zerfall zum Gegenstand haben. Wie begegnen wir dem Älterwerden und wie weit würden wir für ewige Schönheit gehen? Regisseurin Julia Redder enthüllt die Brüche im Leben des Schönlings Dorian Gray.

„Nur oberflächliche Leute urteilen nicht nach dem Aussehen. Das Geheimnis der Welt ist das Sichtbare, nicht das Unsichtbare.“
– Oscar Wilde

Der einzige Roman von Oscar Wilde erzählt die Geschichte eines jungen Mannes von geradezu unwirklicher Schönheit als düsteres Märchen über Narzissmus, Sittlichkeit und menschlichen Zerfall. Diese Themen erscheinen heutzutage noch aktueller als zu dem Zeitpunkt, wo sie zum ersten Mal in Wildes Roman dargestellt wurden. Unter der glänzenden Oberfläche der Gesellschaft, in der die vier Protagonisten sich bewegen, liegt ein finsterer Abgrund, der sich im Portrait des jungen Mannes spiegelt.

Es ist eine Welt zwischen Traum und Albtraum. Die Geschichte beginnt, als Gray dem Künstler Basil Hallward für sein Portrait Modell steht, und in dessen Atelier auf Lady Henry Wotton trifft. Lady Wotton sieht in Dorian eine surrealistische Reinheit, die ideale Grundlage für ihr „Experiment der Beeinflussung“, und fängt an, ihn mit Ästhetik-, Schönheits- und Jugendtheorien zu bezaubern. Durch Henrys Einfluss und Basils Portrait erkennt Dorian nicht nur seine eigene Schönheit, sondern auch den Fakt, dass diese Schönheit eines Tages vergehen muss. Aus Eifersucht auf sein Portrait und um sich gegen die Vergänglichkeit seiner eigenen Schönheit zu schützen, wünscht der Schönling, dass sein Bildnis statt seiner selbst altern mag.

Als der Wunsch sich erfüllt, gleitet Dorian in eine Welt voller Versuchungen ab, aus der er nicht hinaus findet. Das anscheinend konsequenzfreie Leben fordert nun aber seinen Tribut und für den Protagonisten Gray ist es schon zu spät, seinen Wunsch zu revidieren. Nicht nur sieht man an dem Portrait die alternden Spuren der Zeit und physische Abbildungen von Dorians Sünden, sondern auch verliert Gray seine Empathie und Fähigkeit, Gefühle für andere zu empfinden. Nur seine Eigenliebe bleibt uneingeschränkt.

Welche Moralvorstellungen stehen zwischen uns und unseren Wünschen und welche Vorteile genießen wir eventuell durch Schönheit? Stehen uns unsere Sünden ins Gesicht geschrieben?

Simon Elias spielt Dorian Gray, neben Theresa Rose die als Lady Henry auftritt. Im Gegensatz zum Roman und zu sämtlichen Verfilmungen wird Lord Henry Wotton in dieser Inszenierung als weiblicher Charakter dargestellt.
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Premiere am 9. Mai um 19.30 Uhr, Theater am Leibnizplatz

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