Madame d’Ora. Machen Sie mich schön. Unter diesem Titel steht die neu eröffnete Ausstellung des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Mit rund 250 Exponaten schafft das Museum erstmals einen Überblick über das Schaffen d’Oras und nimmt eine Neubewertung ihres Werkes vor.

Wer sich von der begehrten Fotografin Madame d‘Ora (1881-1963) porträtieren ließ, verlieh seiner Person einen Hauch französischer Eleganz.
Bürgerlich bekannt als Dora Kallmus, fotografierte D’Ora Schriftsteller wie Arthur Schnitzler, den Komponisten Alban Berg und den Kulturkritiker Hermann Bahr. Es entstanden Porträts der Schwestern Wiesenthal, der skandalumwitterten Nackttänzerin Anita Berber, des Operettenstars Fritzy Massary sowie von Josephine Baker, Anna Pawlowa und Coco Chanel.
Mitte der 1910er Jahre arbeitete sie als eine der ersten Modefotografinnen Wiens für den sich rasant entwickelnden Markt der Illustrierten. D’Ora lieferte Vorlagen für neue, gehobene Lifestyle-Magazine wie ‘Die Dame’ des Ullstein Verlags, ‘Madame’ oder ‘Officiel de la Cuture et de la Mode’. Ein Großteil ihrer gedruckten Porträts zeigte Damen der höheren Gesellschaft und Schauspielerinnen. Die Vorlagen, die D’Ora an die Agenturen lieferte, prägten das neue Bild der Frau – mit Bubikopf, Zigarette und seidenbestrumpftem Bein. Fotografierte Stars dienten schon damals vor allem der modischen Orientierung. Von 1910 bis in die 1950er Jahre war Madame d’Ora die Porträtistin der Wiener und Pariser Gesellschaft und der Künstlerbohème.
Ihre Ateliers suchte man auf, um ästhetisch anspruchsvolle und reizvolle Selbstbildnisse entgegenzunehmen, die einen zeitgemäßen Look ausstrahlten und den Anspruch auf einen Platz in der Welt der schönen, gebildeten und berühmten Menschen unterstreichten.
Mit dem zweiten Weltkrieg kam ein Einschnitt durch radikale Zäsur. Als Jüdin floh d’Ora 1940 in die Ardèche nach Südfrankreich. 1945 gelangte sie schließlich nach Österreich, wo sie 1946 bei Wien das Schicksal der Flüchtlinge dokumentierte. Mit ihren Porträts beschrieb sie vor allem das individuelle Schicksal einzelner Menschen. Hier betätigte sie sich erstmals als Sozialreporterin. Doch die Ermordung ihrer Schwester im Konzentrationslager sowie die Zeit im Versteck in Südfrankreich hatten Spuren hinterlassen. D’Ora war traumatisiert und ihr Blick als Fotografin war fortan enscheident verändert worden. 1950 und 1958 schaffte sie zwei, bis heute verstörende, Serien über Schlachthöfe, die als künstlerische Reaktion auf die Gräuel des Krieges verstanden werden können. Vor allem das individuelle Schicksal einzelner Menschen lag ihr dabei am Herzen. Später war es ihr auch ein wichtiges Anliegen die Vergänglichkeit des Schönen aufzuzeigen, indem sie gealterte Stars fotografierte.
Die Ausstellung versammelt Arbeiten aus dem Nachlass der Fotografin, Modeobjekte von internationalen Leihgebern und zeitgenössische Zeitschriften. Sie entstand in Kooperation mit dem Photoinstitut Bonartes, Wien. | Sara Suchalla

Die Ausstellung läuft bis zum 18. März im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.

Vorheriger ArtikelSchwebeschrauben und Scheinblüten
Nächster ArtikelEin zuckerfreies Leben!