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Berührend

19. September 2020 @ 11:00 - 21. Januar 2021 @ 18:00

Die Berührung ist ein zentrales Motiv in der Kunst, das unter Aspekten wie Fürsorge, Liebe, Treue, aber auch Verletzung und Schmerz immer wieder thematisiert wird. Aus dieser Erkenntnis heraus und unter dem Eindruck der Abstands- und Distanzregeln zur Eindämmung des Corona-Virus entwickelte sich die Idee zu der Ausstellung, die ab dem 19. September im Paula Modersohn-Becker Museum zu sehen ist.

Der Stellenwert der Berührung für unsere heutige Gesellschaft wird durch Zitate, Texte und Videos von Vertretern unterschiedlicher Berufsgruppen verdeutlicht. Zu Wort kommen etwa eine Masseurin, die über die entspannende Wirkung der Berührung spricht, ein Produktdesigner, der die Relevanz der Haptik in der Gestaltung thematisiert und eine Hebamme, die über die Wichtigkeit der ersten Berührung zwischen Mutter und Neugeborenem spricht.

Joos van Cleve, Maria lactans mit betender Stifterfigur, 1515, Ludwig Roselius Museum, Museen Böttcherstraße, Bremen

Neben den Kunstwerken von Paula Modersohn-Becker, Tilman Riemenschneider, Bernhard Hoetger oder Lucas Cranach d.Ä. sind auch Leihgaben von Künstlerinnen und Künstlern wie Marina Abramovic, Stephan Balkenhol, Vivian Greven, Käthe Kollwitz, August Macke, Robert Mapplethorpe oder Edvard Munch zu sehen. Hierdurch entsteht ein Rundgang durch 65 Kunstwerke in fünf Themenräumen.

Gleich zu Beginn des Rundgangs hängt ein Bildpaar, das die Mehrdeutigkeit des Titels ‘Berührend’ veranschaulicht: ‘Christus als Schmerzensmann’ von Lucas Cranach d. Ä. und Paula Modersohn-Beckers berühmtes ‘Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag’. Nicht nur die Selbstberührung der abgebildeten Personen qualifizieren diese Gemälde für die Ausstellung, sondern vor allem die emotionale Berührung, die durch die starke Ausdruckskraft der Kunstwerke hervorgerufen wird. Das Bild von Lucas Cranach d. Ä. offenbart das Leiden Christi – die Hände deuten auf die Wunde, die durch die Berührung sogar noch weiter geöffnet wird. Durch den intensiven, leidenden Blick kann sich der Betrachter dem Schmerz nicht entziehen. Paula Modersohn-Becker hingegen vermittelt mit der sanften Umschließung ihres nackten gewölbten Bauches und einem friedlichen Gesichtsausdruck eine innere Ruhe und Zufriedenheit.

Ein immer wiederkehrendes Thema der Berührung ist die zwischen Mutter und Kind, in der sich Fürsorge und Schutz widerspiegeln. Der kunstgeschichtliche Ursprung dieses Motivs liegt in der Darstellung von Maria mit dem Christuskind.
Weniger um Schutz als vielmehr um Liebe geht es in einem weiteren Themenraum, wobei der sexuelle Aspekt ausgespart wird, da es um die Berührung an sich gehen soll. In der Fotografie ‘Embrace’ von Robert Mapplethorpe oder dem Holzschnitt ‘Kuss II’ von Edvard Munch verschmelzen die Körper geradezu ineinander.

Robert Mapplethorpe, Embrace, 1982, Fotografie, © Robert Mapplethorpe Foundation

Dass Berührung auch schmerzhaft und übergriffig sein kann, zeigt das Video ‘Light/Dark’ von Marina Abramovic und Ulay. Hier folgen die beiden der Handlungsanweisung: „Ab­wechselnd ohrfeigen wir uns, bis einer von beiden aufhört.“ Valie Export thematisiert die Grenzüberschreitung gegenüber dem weiblichen Körper auf komische Weise in der Performance ‘Tapp- und Tastkino’: Hierbei entlarven Männer sich selbst, indem sie der Einladung folgen, die Brüste der Künstlerin vor den Augen der Öffentlichkeit zu berühren.
Das Motiv der Fotografie ‘Tokyo compression #75’ von Michael Wolf aus dem Jahr 2010 lässt sich an Aktualität kaum übertreffen: Beim Anblick der fast zum Gebet gefalteten Hände, den geschlossenen Augen und dem durch eine Mund-Nasen-Maske verdeckten Gesicht hinter der von Atem beschlagenen U-Bahn-Tür kommen automatisch Assoziationen an Corona-bedingte Schutzmaßnahmen auf.

Die Relevanz und die Notwendigkeit der Berührung für das Menschsein wird durch diese Ausstellung offenbar – denn erst durch die Berührung erkennt der Mensch die Welt.
Ergreifend – anschaulich – berührend!

Regina Gross

(Titelfoto: Cornelia Schleime, Der Kuss, 2007, Acryl, Asphaltlack und Schellack auf Leinwand, Galerie Ludorff, Düsseldorf)

Di-So 11-18 Uhr

Details

Beginn:
19. September 2020 @ 11:00
Ende:
21. Januar 2021 @ 18:00
Veranstaltungskategorie:

Veranstaltungsort

Museen Bötcherstraße
Böttcherstraße 6-10
Bremen, Bremen 28195 Deutschland
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