Regisseur Wes Anderson (‘Grand Budapest Hotel’) hat sein jüngste Werk in klassischer Trickfilm-Tradition mit dem mühsamen Stop-Motion-Verfahren hergestellt. Während die Pixel-Trickser am nahtlosen, perfekten Übergang zwischen Real- und Animationsfilm arbeiten, besteht der Charme von ‘Isle of Dogs’ gerade im Bekenntnis zum sichtbaren Handwerk.

Dabei kommt Andersons Film als veritabler, dystopischer Science-Fiction daher – nur eben aus der Hundeperspektive. Im Japan der Zukunft regiert der korrupte Bürgermeister und bekennende Hundehasser Kobayashi die Stadt Megasaki. Eine grassierende Hundegrippe nimmt dieser zum Anlass, um alle Hunde einfangen und auf eine verseuchte Müllkippeninsel verfrachten zu lassen. Nach sechs Jahren sind aus den einstmals geliebten Haustieren verwahrloste, ausgehungerte Kre­a­­turen geworden, die sich um jede Mülltüte blutige Kämpfe liefern.
Das Blatt wendet sich als der 12-jährige Atari – Adoptivsohn des Bürgermeisters – mit einem ge­klauten Flugzeug auf der Insel landet, um sich auf der Suche nach seinem treuen Bodyguard-Hund zu begeben. Für die Vier- und den Zweibeiner beginnt eine epische Reise, die sich mit leiser Ironie an großformatige Werke wie ‘Hobbits’ anlehnt. Zwischen den Abenteuern philosophieren die Hunde auf dialektische Weise über die eigene Haustier- und Streunerexistenz, das Verhältnis zu ihren früheren Herrchen und das unfreiwillige Outlaw-Dasein.
Neben den gewitzten Dialogen überzeugt der Film vor allem durch unaufdringlichen Humor und die detailversessene Ausstattung. Mit unübersehbarem Faible für Japanologie werden hier die Sets gestaltet und bei der Animation keine Mühen gescheut. Allein die Herstellung von vergifteten Sushi, mit denen der Bösewicht seinen politischen Gegner entsorgt, ist ein tricktechnisches Meisterwerk. Auch für Nicht-Hundebesitzer ist ‘Isle of Dogs’ ein äußerst liebenswertes Stück Kino, dass Herz und Auge gleichermaßen verwöhnt.
Martin Schwickert

Ab 10. Mai im Kino. Animation, Abenteuer, DEU, USA 2018, R.: Wes Anderson, D.: Bryan Cranston, Frances McDormand, Edward Norton, Filml.: 101 Min.

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