Mit einer gleichermaßen an Herz und Verstand appellierenden Ausstellung bietet die Weserburg einen Einblick in eine herausragende polnische Privatsammlung. Die pointierte Auswahl an Arbeiten ist in dieser Form erstmals in Deutschland zu sehen und umfasst Malerei, Skulptur, Performance- und Prozesskunst, Fotografie, Neon-Textarbeiten sowie Konzeptkunst.

Die Werke für die Ausstellung stammen allesamt aus der in Poznan beheimateten, aber auch in Łódz und Venedig repräsentierten Signum Stiftung, die 2002 von Hanna und Jaroslaw Przyborowski begründet worden ist.

Polnische Kunst stellt ihren Teil der Weltkunst und ihren Einfluss sowie ihre Querverbindungen zu internationalen avantgardistischen Strömungen unter Beweis. Dabei geht es auch um ganz aktuelle politische und gesellschaftliche Bezüge, die uns alle betreffen.

Unter den Werken der 19 ausstellenden Künstler finden sich deshalb auch verstörende Selbst-Inszenierungen, in denen überkommene Rollenmuster kritisch hinterfragt werden. Es wird provoziert. Grenzen werden überschritten. So auch in Andrzej Karmaszs Werken. Der in Gdansk lebende Künstler ist durch seine auffälligen Selbstinszenierungen bekannt.
In der Weserburg findet man ihn in einem Selbstportrait als nigerianische Frau des Fulani Volkes. Hier werden gleich mehrere Grenzen in verschiedene Richtungen überschritten. Diese Grenzüberschreitung ist ein wesentlicher Aspekt der Gegenwartskunst.

Neben Karmasz ist die Crème de la Crème der polnischen Kunst vertreten: Der Neo-Avantgardist Edward Krasinski mit seinen beeinduckenden minimalistischen Interventionen wurde im letzten Jahr unter anderem in London und Amsterdam gewürdigt und erlangte damit zunehmende internationale Bekanntheit. Krasinskis Werke nehmen eine Beziehung zu Roman Opałkas berühmten Zahlenbildern und Jarosław Kozłowskis skulpturaler Intervention mit 550 Weckern auf.

Auffallend ist auch der hohe Anteil an eindrucksvollen weiblichen Positionen. Hervorzuheben sind dabei besonders Katarzyna Kozyras ‘White Olympia’, ebenso Agada Michowskas ‘Suicide in the museum’ und Ewa Partums Hommage à Solidarnosc’. Die Arbeiten dieser Künstlerinnen sind nicht nur feministisch, sondern zugleich hochpolitisch und überraschenderweise immer wieder subtil-humorvoll.

Die in den 1970er Jahren als polnische Pionierin feministischer Kunst bekannt gewordene Natalia LL ist mit ihren auch heute noch provozierenden Fotoserien ‘Consumptive-’ und ‘Postconsumptive Art’ vertreten. Analog dazu gibt es eine nicht minder verstörende Hommage des Performer-Duos Grupa Sedzia Główny (Aleksandra Kubiak und Karolina Wiktor) aus dem Jahr 2006.
Eine weitere Besonderheit bildet das Werk ‘One Million Years’ des Japaners On Kawara – nicht nur, weil dieser kein Pole ist. Das Kunstwerk stiftet und fördert Dialoge und Korrespondenzen zwischen allen ausgestellten 19 Positionen.

‘Where does your heart belong?’ verläuft parallel zum jazzahead! Festival 2018 mit dem Partnerland Polen. Geplant sind in diesem Rahmen und darüber hinaus mehrere Konzerte mit polnischen Jazzmusikern in der Weserburg, unter anderem ein Clubkonzert im Rahmen der beliebten jazzahead! clubnight am 21. April. | Sara Suchalla

Vom 16. März bis zum 2. September in der Weserburg Bremen. Weitere Informationen zum Programm in Kooperation mit dem jazzahead!-Festival unter jazzahead.de.

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