„Bevor ich wusste, was Glück ist, wusste ich, dass es vergänglich ist“, das ist eine ganz schön abgeklärte Feststellung für einen Dreizehnjährigen. Aber die Scheidungsstatistiken untermauern Bastiens Desillusionierung.

Im Schnitt wird jede Ehe in Frankreich nach fünf Jahren geschieden und bringt währenddessen durchschnittlich 1,3 Kinder hervor. Bastien (Teïlo Azaïs)ist eines dieser Kinder und hat es mittlerweile auf sechs Halbgeschwistern und acht Erziehungsberechtigten gebracht.
Als es pünktlich nach fünf Jahren zwischen seiner Mutter und deren dritten Ehemann Hugo (Lucien Jean-Baptiste) zu kriseln beginnt, schmiedet Bastien einen Plan: Mit seinen Halbgeschwistern und einigen ähnlich geplagten Kusinen gründet er eine WG. Nicht die Kinder sollen nunmehr Woche für Woche ihre Sachen packen, sondern die Erwachsenen nach einem ausgeklügelten Schicht­prinzip in der Wohngemeinschaft die erzieherische Betreuung übernehmen.
In seiner Komödie ‘Wohne lieber ungewöhlich’ betrachtet Gabriel Julien-Laferrière das Phänomen der Patchworkfamilie aus der Kinderperspektive und überzeugt mit einem originellen Lösungsansatz. Im dysfunktionalen Erziehungsberechtigten-Kollektiv prallen zwar die Stereo­typen aufeinander, aber in ihrer Gesamtheit bilden die Erwachsenen ein schillerndes und recht unterhaltsames Spektrum elterlichen Fehlverhaltens ab. Mit 20 nahezu gleichberechtigten Film­figuren gehen die Charakterisierungen zwangsläufig nicht zu sehr in die Tiefe. Zumal sich Laferrière und seine vier Drehbuchautoren auf die Konstruktion der Turbulenzen konzentrieren, in deren Verlauf der abgeklärte Teenager Bastien auch noch in eigene Liebeserfahrungen hinein schlittert. Der lockigen, strahlenden, neuen Mitschülerin, die sich neben ihn setzen will, erklärt er erst einmal, dass sie sich ineinander verlieben und nach einer kurzen Phase des Glücks ohnehin nichts mehr zu sagen haben werden. Soviel melancholisches Ungeschick muss natürlich mit einem amourösen Happy End belohnt werden.
Martin Schwickert

Ab 17. Mai im Kino. Komödie, Familie, FRA 2016, R.: Gabriel Julien-Laferrière, D.: Julie Gayet, Thierry Neuvic, Julie Depardieu, Filml.: 95 Min.

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