Bonnie Tyler im Interview // Am 6. Mai um 20 Uhr, Metropol Theater
Bonnie Tyler ist eine lebende Legende – und längst mehr als nur die Stimme hinter Klassikern wie ‘Total Eclipse of the Heart’ oder ‘It’s a Heartache’. Mit ihrer rauen, unverwechselbaren Stimme hat sich die Rockröhre aus dem walisischen Skewen in die Herzen von Millionen Fans gesungen – und das seit fast fünf Jahrzehnten. Sie arbeitete mit Branchengrößen wie Jim Steinman, füllte Hallen weltweit und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter mehrere Grammy-Nominierungen. Was sie bis heute antreibt, ist nicht der Ruhm, sondern die Liebe zur Bühne. Aktuell ist Bonnie Tyler auf ‘Just Live’-Tour. Kurz vor ihrem Konzert im Bremer Metropol Theater hat der BREMER mit ihr gesprochen – über Musik, Erinnerungen und den Zauber des Live-Moments.

BREMER: Bonnie, Dein erster Hit ‘Lost in France’ von 1976 hatte einen sanften, fast süßen Klang. Mit ‘It’s a Heartache’ hattest Du 1977 Deinen großen Durchbruch – mit Deiner ikonischen, rauen Stimme. Wie hat sich Dein Gesangsstil in dieser Zeit verändert?
Bonnie Tyler: Ich hatte eine Operation an den Stimmbändern und die Ärzte sagten mir, ich solle sechs Wochen lang nicht sprechen. Eines Tages war ich sehr wütend und habe einen lauten Schrei ausgestoßen, der meine Stimmbänder dauerhaft beschädigt hat. Dadurch wurde meine Stimme rauer. Der Unterschied bei ‘It’s a Heartache’ ist ziemlich deutlich. Aber das war in Ordnung – die Leute haben es trotzdem geliebt, und es wurde mein erster Hit in Amerika. Ich denke, sie mochten den markanteren Klang meiner Stimme. Ich habe ihn immer noch, vielleicht nicht mehr so stark wie in den 70ern. Ich achte auf meine Stimme. Wenn ich auf Tour bin, rufe ich täglich meinen Vocal Coach an, und wir machen 15 bis 20 Minuten Stimmtraining am Telefon.
Du hast kürzlich Deine Single ‘Yes I Can’ veröffentlicht. Kannst Du uns mehr über die Inspiration hinter dem Song erzählen und was er Dir persönlich bedeutet?
Es ist ein sehr aufbauender Song. Er motiviert, Dinge anzupacken. Auf dieser Tour werde ich ihn zum ersten Mal mit meiner Band singen, darauf freue ich mich. Ich habe seit vor Weihnachten nicht mehr mit ihnen gearbeitet. Jetzt startet die Tour, und ich freue mich, ‘Yes I Can’ erstmals live zu spielen.

Nach über 50 Jahren in der Musikbranche – was motiviert Dich, weiter zu touren und neue Musik zu machen?
Ich vermisse die Bühne. Ich kann es kaum erwarten, wieder darauf zu stehen. Ich mache neue Musik, um meine Shows frisch zu halten. Platten verkaufen sich kaum noch, aber ich veröffentliche sie digital für meine Fans. Das Live-Spielen mit meiner Band ist für mich das Schönste.
Was sind die unvergesslichsten Momente Deiner Bühnenkarriere?
Da gibt es viele, aber eine Grammy-Nominierung ist etwas ganz Besonderes. 1984 trat ich bei den Grammy Awards in Los Angeles auf – im Publikum waren Michael Jackson, Diana Ross, Lionel Richie. Ich war sehr nervös, weil ich oben auf einer langen Treppe beginnen musste zu singen und zur Bühne hinuntergehen musste. Ich dachte nur: „Ich werde fallen“, denn ich hatte sehr hohe Schuhe an. Aber ich bin nicht gefallen, Gott sei Dank, und ich habe gut gesungen. Das werde ich nie vergessen.
Du hast mit vielen renommierten Produzenten und Künstlern zusammengearbeitet. Gibt es eine Zusammenarbeit, die für Dich besonders war? Und gibt es jemanden, mit dem Du noch gern arbeiten würdest?
Es war mein Traum, mit Jim Steinman zu arbeiten (er hat für mich ‘Total Eclipse of the Heart’, ‘Holding Out for a Hero’ und ‘Faster Than the Speed of Night’ geschrieben und produziert). Meine Plattenfirma hielt das für verrückt. Aber ich sagte: „Fragt ihn einfach.“ Und es hat geklappt. Ich arbeite auch wieder mit meinem allerersten Produzenten David Mackay, der meine ersten beiden Alben produziert hat. Es ist schön, wieder mit ihm zu arbeiten. Er arbeitet außerdem mit einem jungen Produzenten aus Österreich, Patrick Schmiderer. Er hat dem Sound eine moderne Frische gegeben. Er hat nur ein paar Songs mit David gemacht, aber er macht einen spürbaren Unterschied. Ich bin sehr zufrieden mit ihm.

Wie hat sich die Musikindustrie verändert, seit Du angefangen hast – und wie gehst Du mit diesen Veränderungen um?
Sie ist kaum wiederzuerkennen. In den frühen Tagen meiner Hits wie ‘Lost in France’ oder ‘It’s a Heartache’ habe ich täglich 51.000 Platten verkauft. Das macht heute niemand mehr. Heute läuft alles über Streaming, und man bekommt dafür nur Centbeträge. Deshalb liebe ich Live-Auftritte. Es geht nicht nur ums Plattenverkaufen, sondern darum, vor dem Publikum zu stehen. Ich freue mich auf den Tourstart und das Konzert in Bremen.
Hast Du eine besondere Verbindung zu Bremen oder hast Du Erinnerungen an frühere Auftritte hier?
Ich komme seit 1976 nach Bremen, als ich beim ‘Musikladen’ aufgetreten bin. Ich erinnere mich gut an den Produzenten, Michael Leckebusch. Es gab damals ein italienisches Restaurant direkt gegenüber vom Casino – da sind er und alle Künstler vom ‘Musikladen’ immer nach der Show hingegangen. Ich vergesse das nie. Die Stimmung dort war fantastisch – es war voller Leben, richtig familiär. Boney M. war oft da, wir haben alle zusammen gegessen, gelacht und eine tolle Zeit gehabt. Viele bekannte Künstler saßen da Seite an Seite, und nach der Show sind wir einfach alle dort gelandet. Es war einfach eine großartige Atmosphäre – das bleibt in Erinnerung.
In Deiner Autobiografie ‘Straight from the Heart’ erzählst Du Geschichten über Deine Großmutter Hopkins und dass sie Heilkräfte hatte. Denkst Du, dass Du vielleicht auch ein wenig davon in Dir trägst – vielleicht in Deiner Musik?
Ich habe nie so darüber nachgedacht, aber ich glaube, meine Großmutter hatte tatsächlich Heilkräfte. Ob sich das auf meine Musik übertragen hat – wer weiß? Aber Menschen sagen mir oft, dass sie sich gut fühlen, wenn sie meine Lieder hören. Vielleicht ist da etwas dran.
Christoph Becker
Bonnie Tyler „Just Live Tour“ am 6. Mai um 20 Uhr, Metropol Theater