Ernährungs-Check – Interview mit Malte Rubach

Der Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach hat nach Stationen in Gießen, San Diego und Madison im Bereich der Kaffeeforschung an der Technischen Universität München promoviert. Als Experte für Lebensmittel, Ernährung, Nachhaltigkeit und Innovation hat er sowohl in internationalen Fachzeitschriften als auch in Publikumsmedien wie der New York Times und der Folha de S. Paulo veröffentlicht. Dr. Rubach ist ein gefragter Referent und Autor, der die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Umwelt und Gesundheit beleuchtet. Seine Arbeiten setzen Impulse für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Ernährungsweise. BREMER-Autorin Fanny Quest führte ein exklusives Interview mit ihm.

BREMER: Welche Vorurteile möchten Sie aufklären?
Rubach : Generell, dass Lebensmittel in gute oder schlechte Gruppen eingeteilt werden. Insbesondere in der Debatte um gesundheitsförderliche oder nachhaltige Ernährung wird diese Unterteilung zwischen pflanzlichen Lebensmitteln und tierischen Lebensmitteln unternommen.

Warum gibt es so viele Missverständnisse rund um pflanzenbasierte Ernährung?
Hier vermischen sich unterschiedliche Weltanschauungen aus der Tierrechts- und Tierschutzbewegung mit den seit einigen Jahren stärker aufstrebenden Klima- und Umweltschutzinteressen. Viele Themen werden zu Recht angesprochen und müssen Beachtung finden, allerdings sind die Begründungen für die vorgebrachten Anliegen nicht immer wissenschaftlich korrekt.

Welcher Mythos hat Sie am meisten überrascht?
Weit verbreitet ist der Mythos, dass pflanzenbasierte Ernährung zu wenig Nährstoffe liefert. Schaut man in die Versorgungsbilanzen der Welternährungsorganisation (FAO), dann sieht man, dass die Ernährung in Deutschland bereits pflanzenbasiert ist und laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) herrscht insgesamt kein Nährstoffmangel; nur bei Jod, Kalzium, Folsäure und Eisen bei Frauen erreichen wir im Durchschnitt nicht die Zufuhrempfehlung. Wenn aber der Anteil der pflanzlichen Lebensmittel sehr hoch ist, wie in vielen Ländern Afrikas oder Asiens, kommt es sehr schnell zu Mangelzuständen, weil Nährstoffe aus tierischen Lebensmitteln fehlen. Pflanzenbasierte Ernährung per se ist also nicht nährstoffarm, aber je mehr pflanzenbasiert, desto besser muss sie geplant werden.

Was ist Ihrer Meinung nach die beste Ernährungsform für einen gesunden Körper?
Jede Ernährung, die ausreichend Nährstoffe liefert. Das funktioniert am einfachsten, wenn keine Lebensmittel, wie etwa Fleisch, ausgeschlossen werden müssen. Wer dies aber aus ethischer Überzeugung dennoch tut, muss stärker auf seine Lebensmittelauswahl achten und bei veganer Ernährung auch Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.

Welche Nährstoffe fehlen häufig bei veganer Ernährung?
Vitamin B12 muss eingenommen werden, da es in pflanzlichen Lebensmitteln nicht in relevanten Mengen vorkommt. Erhöhtes Mangelrisiko besteht für Vitamin B2, Vitamin D und auch Vitamin A; sowie für die Mineralstoffe Kalzium, Eisen, Jod, Zink und Selen. Außerdem sind Proteine aufgrund der unentbehrlichen essenziellen Aminosäuren und langkettige Omega-3 Fettsäuren zu berücksichtigen.

Ist pflanzliches Protein weniger hochwertig als tierisches?
Ja, das trifft auf die meisten pflanzlichen Proteine zu, weil sie entweder zu wenig essenzielle Aminosäuren enthalten, also Proteinbausteine, die wir nur über die Nahrung aufnehmen können. Oder sie enthalten manche dieser Aminosäuren überhaupt nicht, während tierische Proteine in dieser Hinsicht komplett sind. Man muss daher mindestens zwei oder drei pflanzliche Proteinquellen so kombinieren, dass die Gesamternährung keine Defizite an essenziellen Aminosäuren aufweist. Die Sojabohne bildet allerdings eine Ausnahme, denn sie liefert viel und hochwertiges pflanzliches Protein.

Wie beurteilen Sie die gesundheitlichen Wirkungen von Soja?
Die Sojabohne enthält auch weitere Nährstoffe wie Eisen. Dabei ist es sinnvoll, möglichst das komplette Lebensmittel und alle enthaltenen wertvollen Nährstoffe zu konsumieren. Mythen, dass Sojakonsum bestimmte Krebsformen fördert, Männer verweiblicht oder schlecht für die Schilddrüse sei, sind übrigens längst widerlegt.

Was raten Sie Eltern, die ihre Kinder vegan ernähren möchten?
Das ist möglich, allerdings nur, wenn Eltern über ausreichend Kenntnisse verfügen und Nährstoffstatus und -versorgung engmaschig durch einen Kinderarzt überwacht werden.

Gibt es Ernährungshypes, die man ignorieren sollte, oder etwas, worauf man unbedingt verzichten sollte?
Generell ist Ernährung keine komplizierte Sache, wenn man keine Lebensmittel aus seiner Ernährung ausschließt. Daher würde ich empfehlen, jeden Trend kritisch zu hinterfragen, der kategorisch Lebensmittel verbietet. Allerdings ist es nie falsch, die Mengen einzelner Lebensmittel und Nährstoffe an seinen echten Bedarf anzupassen. Wir essen zum Beispiel zu viel Zucker, aber kompletter Verzicht ist auch nicht notwendig.

Welche Lebensmittel dürfen auf Ihrem Teller nie fehlen?
Wenn man abwechslungsreich isst, fehlt immer irgendetwas auf dem Teller, aber Nüsse, Milchprodukte und Obst esse ich täglich.

Haben Sie einen Wunsch?
Dass alle Menschen auf dieser Welt genug zu essen haben, denn Hunger und Mangelernährung sind oft die Ursache für viele Missstände.

Haben Sie ein Lebensmotto?
Eher ein Essensmotto: Du kannst alles essen, nur nicht zu viel davon.

Dr. Malte Rubach
Die größten plant-based Ernährungs-Myhten

Ernährungs-Check

Wie gesund ist vegane und plant-based Ernährung wirklich? Immer mehr Menschen folgendiesem Trend, doch was steckt tatsächlich dahinter? Gibt es gesundheitliche Risiken oder klare Vorteile? Es werden 30 häufig diskutierte Mythen und Irrtümer rund um pflanzenbasierte Ernährung beleuchtet: Ist pflanzliches Protein minderwertig? Verursacht Soja Brustkrebs? Kann man Kinder bedenkenlos vegan ernähren? Fundiert und leicht verständlich werden die Vor- und Nachteile erklärt, um Interessierten Sicherheit zu geben und bereits Überzeugten einen Überblick über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu bieten. Ein wertvoller Leitfaden für alle, die fundierte Entscheidungen über ihre Ernährung treffen möchten.

 

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