Foto: Verbraucherzentrale Bremen

Oft wissen Opfer von Internetbetrug nicht, wie sie nach einem solchen Vorfall vorgehen sollen. Daher haben wir das Gespräch mit Gerrit Cegielka von der Rechtsabteilung der Verbraucherzentrale Bremen gesucht, um einige Informationen zu sammeln und herauszufinden, was in einer solchen Situation getan werden kann.

Wie dramatisch ist das Problem des Online-Betrugs in Bremen inzwischen?
Wir in der Verbraucherrechtsberatung der Verbraucherzentrale Bremen haben regelmäßig mit dem Thema Betrug und Internet zu tun. Im Grunde herrschen im Netz dieselben Regeln wie in der analogen Welt. Dennoch scheint sich die kriminelle Energie im Internet leichter zu verwirklichen als in der realen Welt. Die Betrüger haben es nicht direkt mit Menschen zu tun und die Identität des Handelnden lässt sich relativ leicht verschleiern.

Was sind die gängigsten Betrugsarten, die in Bremen genutzt werden?
In letzter Zeit haben sich die Fälle rund um den ‘schufafreien’ Kredit gehäuft. Hier wird den Verbrauchern ein schneller unkomplizierter Kredit versprochen, obwohl die Anbieter gar nicht vorhaben, Kredite zu vergeben, sondern teure Kreditkarten und Dienstleistungen rund um eine ‘Bonitätsprüfung’ verkaufen wollen. Diese Fälle sind besonders perfide, weil insbesondere Menschen mit geringem Einkommen und Menschen mit Migrationshintergrund angesprochen werden. Oft werden auch persönliche Daten von Verbrauchern missbraucht, um auf fremden Namen online einzukaufen und die vom Datenmiss­brauch betroffenen Verbraucher werden dann mit Rechnungen und Inkassoschreiben konfrontiert für Waren, die sie gar nicht bestellt haben. Besonders ärgerlich ist auch das Thema ‘Vorkasse’. Online-Shops mit professionellem Design bieten vermeintlich super Ware zu super günstigen Preisen an, bestehen aber darauf, dass der Kaufpreis erst gezahlt wird, bevor die Ware versandt wird, die dann nie bei den Verbrauchern ankommt.

Häufig fällt in diesem Zusammenhang der Begriff Vorschussbetrug. Was ist das?
Vorschussbetrug meint, dass Anbieter die Lieferung von Waren gegen Vorauszahlung des Kaufpreises versprechen, die bestellte Ware dann aber nie beim Käufer ankommt. Ob die Nichtlieferung von Waren auf einen vorübergehenden Lieferengpass zurückzuführen ist oder der Verkäufer gar nicht liefern will, lässt sich natürlich schwer beurteilen. Wenn Anbieter aber nicht erreichbar sind oder auf Beschwerden nicht reagieren, dann sollte man als Verbraucher schnell handeln.

Wie können sich Bremer*innen vor Betrug im In­­ternet schützen?
Wie in der realen Welt gilt auch im Internet: Safety first. Verbraucher sollten sich beim Online-Einkauf Zeit nehmen, um das Angebot und den Anbieter kritisch zu prüfen. Besonders, wenn Markenware er­heblich unter Marktpreis angeboten wird, ist dringend anzuraten, das Kleingedruckte zu lesen und die Angaben im Impressum zu prüfen. Auch wenn kein sicherer Zahlungsweg, wie Zahlung auf Rechnung oder Zahlung per Lastschrift, ermöglicht wird, ist Vorsicht geboten.

Gibt es Anhaltspunkte, auf die Verbraucher achten können?
Unseriöse Online-Shops (Fake-Shops) sind oft daran zu erkennen, dass sie versuchen, die Identität des verantwortlichen Shop-Betreibers zu verschleiern. Entweder fehlt das Impressum vollständig oder es werden Angaben gemacht, die keine Rückschlüsse auf die Identität des Verantwortlichen zulassen. Wenn ausschließlich ‘Vorkasse’ verlangt wird, sollte man grundsätzlich den Shop meiden.

Wie sollte man am besten vorgehen, wenn man Opfer von Abzocke im Netz wird?
Verbraucher sollten nicht vorschnell Rechnungen, Mahnungen oder Inkassoschreiben bezahlen, sondern die Berechtigung der Forderung rechtlich prüfen lassen. Die Verbraucherzentrale Bremen hilft hier gern. Wenn Verbraucher bereits Geld an Betrüger bzw. Abzocker gezahlt haben, wird es schwieriger. Hier bleiben in der Regel nur der Klageweg und die Strafanzeige bei der Polizei.

Wie kann der Täter überhaupt ermittelt werden, wenn ein Betrug bei der Polizei gemeldet wird? Wie verhält sich da die Aufklärungsquote?
Die Chancen, die verantwortlichen Täter zu ermitteln, sind sehr gering, insbesondere, wenn gegen die Impressumspflicht verstoßen wird und die kriminellen Internetseiten aus dem nicht-europäischen Ausland betrieben werden.

Wie hat der Gesetzgeber auf die steigende Bedrohung reagiert, beziehungsweise welche Maßnahmen sind noch geplant?
Im Grunde gibt es den gesetzlich notwendigen Rahmen bereits. Betrug ist strafbar. Verbraucher zu täuschen, ist verboten. Anbieter müssen im Impressum auf der Internetseite ihre Identität offenlegen. Problematisch ist da eher die Seite der Strafverfolgung. Polizei und Staatsanwaltschaften müssten da personell erheblich besser ausgestattet werden, um das Massenphänomen Internetbetrug effektiv bekämpfen zu können.

Welche der Rechtsverschärfungen haben funktioniert oder scheinen vielversprechend zu sein?
Mit der Reform des Verbraucherschutzrechts 2014 ist die ‘Button-Lösung’ in Kraft getreten. Hiernach müssen Anbieter im Internet direkt an der Schaltfläche, mit dem ein Bestellvorgang ausgelöst werden soll, deutlich erkennbar auf die Kostenpflicht eines Angebots hinweisen. Dies hat in der Tat zu einem erheblichen Rückgang der Beschwerden über Internet-Abofallen geführt.

Wo sehen Sie bezüglich der Rechtslage noch Verbesserungsbedarf?
Solange Menschen mit krimineller Energie gesetzliche Regeln bewusst missachten, wird es absoluten Schutz vor Internetbetrug leider nicht geben. Hier ist und bleibt dann der Eigenschutz der beste Schutz vor Betrug. Besonders bei super günstigen Angeboten im Internet sollten Verbraucher kritisch hinterfragen und im Netz, wie in der analogen Welt, sollte der Grundsatz befolgt werden: „Ohne Leistung, kein Geld“.

von Ruben Schiefke

(Foto: Verbraucherzentrale Bremen)

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