Wo früher die Weichen für die anfahrenden Züge gestellt wurden, werden nun die Kochlöffel geschwungen. In dem alten Stellwärterhäuschen in Oberneuland befindet sich das Restaurant Flagman.

Das alte Backsteinhaus wurde erst im letzten Jahr fertig gestellt. Wie auch den alten Bahnhof sanierten die Investoren Tanja und Nils Krey das marode Gebäude. Die aufwendige Arbeit hat sich gelohnt: Bereits von außen wirkt das Restaurant gemütlich und einladend.

Innerhalb des Hauses erwartet den Gast ein langer Raum mit breiten Durchbrüchen in der Backsteinwand. Holzfußboden, Holzbalken, dunkle Tische und die roten Steine der unverputzten Wand ermöglichen ein edles, aber trotzdem gemütliches Ambiente. Im hinteren Bereich befindet sich außerdem noch eine Bar mit einem Tresen und einigen Tischen und Stühlen. Der Boden sticht hier besonders ins Auge, denn durch eine durchsichtige Scheibe vor der Theke kann man eine alte Bahnschiene sehen. Für Gäste der Bar befindet sich dahinter noch ein kleiner Lounge-Bereich mit Sesseln und flachen Tischen.

Die Speisekarte enthält eine eher kleine Auswahl an Vorspeisen, Hauptgerichten, auch von einem Lavasteingrill und Desserts. Die Gerichte sind größtenteils regional zu verorten. Viel Wildfleisch und saisonales Gemüse, aber auch Fisch und zwei Burger sind zu finden, außerdem gibt es diverse Speisen mit Gans, die man auch in einem 3- oder 4-Gänge-Menü zu sich nehmen kann. Für Vegetarier ist die Auswahl sehr gering. Wie die Betriebsleiterin Christine Klute später erzählt, wechselt die Karte mit den Jahreszeiten.
Im Anschluss an die Speisen bietet die Karte eine umfangreiche Weinauswahl, die preislich sehr variiert und auch den ein oder anderen edleren Tropfen aufweist.

Wir bestellen ‘Pasta Aglio e Olio’ für 12,50 Euro, die klassischerweise mit geröstetem Knoblauch, Olivenöl, Kirschtomaten, Basilikum und Parmesankäse zubereitet wird. Außerdem gibt es den ‘Flagburger’ für 17,50 Euro mit Black Angus Beef, Briochebrötchen, Salat, Tomaten, Bacon, Pilzen, Pecorino, Chili, Röstzwiebel-Gewürzgurken-Ketchup und Mayonnaise sowie Kartoffelecken und Sourcream. Dazu eine Fritz Kola 0,2 für 3,30 Euro und eine Coca Cola Zero 0,2 für 2,80 Euro.

Nach einer kurzen Wartezeit gibt es zunächst erstmal einen ‘Gruß aus der Küche’: eine Art Gänsecarpaccio auf Eisbergsalat mit Tomaten, Parmesankäse und einem knusprig gerösteten Brotchip. Die Kombination passt geschmacklich sehr gut zusammen und regt den Appetit an.
Etwa zwanzig Minuten später kommt dann das bestellte Essen. Die Nudeln überzeugen: nicht zu lasch und nicht zu salzig, außerdem ist der Knoblauchgeschmack dezent genug, um auch die anderen Zutaten herauszuschmecken.

Der Burger besticht zunächst durch seine Größe. In einem Stück kann man ihn kaum essen. Das Fleisch ist bissfest, worauf der Kellner bereits davor hinwies, und saftig. Es hebt sich durch den sehr feinen aromatischen Geschmack deutlich von regulären Burgern ab. Das Fleisch selbst ist eher sparsam gewürzt, wodurch man den Eigengeschmack noch deutlich herausschmecken kann. Über dem Patty ist mit dem Käse, dem Bacon und den Pilzen ein eher salziger und herzhafter Kontrast. Eine wieder andere geschmackliche Nuance ist dann unter dem Fleisch auszumachen: Salat und Tomaten werden durch den Ketchup mit Röst­zwiebeln und Gewürzgurken verfeinert. Die Kartoffelecken sind angenehm salzig und die dazu gereichte Sourcream setzt einen erfrischenden Akzent.
Beide Gerichte sättigen auf alle Fälle ausreichend, im Falle des Burgers ist die Portion sogar so groß, dass es fast etwas Mühe kostet, sie aufzuessen.

Die Bedienung ist sehr höflich und aufmerksam. Auf jede Frage wird ausführlich geantwortet und auch in der Küche nachgefragt. Der Kellner, der uns bedient, trägt Hemd und Schürze, wodurch eine eher formelle Stimmung entsteht, trotzdem wirkt es nicht unangenehm gestellt.

„Wir wollen eigentlich nicht nur als gehobenes Restaurant bekannt sein, sondern auch ein breiteres Publikum ansprechen“, erzählt uns Christine Klute. Bis jetzt werde das Restaurant hauptsächlich von Anwohnern aus Oberneuland besucht. Veranstaltungen wie eine mehrteilige kulinarische Reise sollen mehr Gäste anlocken. Klute ist bereits seit geraumer Zeit in der Gastronomieszene in Bremen tätig, auch der Küchenchef Christian Mache kochte schon in dem beliebten Restaurant Canova in der Innenstadt. Zusammen wollen sie nun auch Flagman in Bremen etablieren. Die Resonanz sei an sich gut, obwohl am Tag unseres Besuches nur wenige Tische besetzt waren.

Der Besuch in dem Restaurant ist sicher auch für Bremer aus der Innenstadt eine außergewöhnliche kulinarische Erfahrung. Essen und Ambiente sind hochwertig und ermöglichen ein besonderes Erlebnis. Leider schreckt der Preis zunächst ab. Wir bezahlten insgesamt ‘nur’ 31,90 Euro, man muss aber damit rechnen für ein Gericht um die 20 Euro zu bezahlen. Dafür sind die Speisen eben auch aus besonders guten Zutaten und schmecken dementsprechend besser. Flagman bietet sich also für Gäste an, die gerne gut und in einem schönen Ambiente essen gehen wollen und dafür dann auch etwas mehr ausgeben würden. Der größte Teil des Hauses ist behindertengerecht und mit Behindertentoilette und -parkplatz ausgestattet. Bloß Bar und Lounge sind nur mit einer kleinen Stufe erreichbar. Die Bar soll in Zukunft auch noch weiter genutzt werden, sodass Gäste auch unabhängig vom Essen im Flagman was trinken gehen können.
LL

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