Schmetterlinge in der Luft – und im Bauch! Wenn die Sonne uns wieder mit Vitamin D versorgt, wir bis über beide Ohren am Lächeln sind und die Vögel zwitschern, als wäre der Winter nie dagewesen – dann ist wieder die Zeit der Verliebten. Mit dem Herz in der Hand kann man da schonmal offene Türen einrennen.

Wir Menschen sind besonders in der beginnenden warmen Zeit anfällig fürs Verlieben, gehen eher Beziehungen ein oder empfinden das schon vorhandene Band der Liebe stärker als sonst – Liebe erscheint uns plötzlich viel leichter als sonst. Was nicht bedeutet, dass einem die große Liebe nicht auch in einer kalten Winternacht über den Weg laufen kann. Denn schließlich weiß niemand vorher, wann sie um die Ecke kommt.

Tatsächlich jedoch sind es im Frühling die Hormone, die uns einen Streich spielen und dafür sorgen, dass die Lust auf Liebe wächst. Schuld sind die zunehmenden Glückshormone. In der dunklen Jahreszeit wird das Schlafhormon Melatonin nämlich vermehrt ausgeschüttet, was auch der Grund dafür ist, dass die Menschen in der Winterzeit mehr schlafen als im Sommer. Die Sonne drosselt das Melatonin und an seine Stelle treten das Glückshormon Serotonin sowie der Botenstoff des Glücks, Dopamin. Sie sorgen für Euphorie und Tatendrang und mindern unsere Ängste, sodass die Bereitschaft zum Verlieben automatisch steigt. Diesen plötzlichen Hormoncocktail empfinden wir dann als Frühlingsgefühl.

Ein weiteres Hormon wirkt sich außerdem auf die gesteigerte Liebeslust aus – es ist das Testosteron. Männer schütten mit dem Jahreszeitenwechsel mehr von dem Sexualhormon aus, was bewirkt, dass sie sich attraktiver und insgesamt wohler fühlen. Und das strahlen sie auch aus. Außerdem haben sie aufgrund des höheren Hormonspiegels mehr Lust auf Sex. Bei Frauen gibt es keine Veränderung des Östrogen-Haushalts. Dennoch weisen sie eine höhere Libido auf.

Eine banale, aber nicht zu vernachlässigende Wirkung auf die Liebeslust steckt in unserer Kleidung. Die äußeren Reize machen Lust auf mehr. Sommerliche Kleider, enge T-Shirts und kurze Hosen – sie haben doch eine höhere Wirkung auf uns als der zugeknöpfte Mantel, der nur erahnen lässt, was sich darunter verbirgt.

Liebeskummer und Frühjahrsmüdigkeit

Doch bei allen Frühlingsgefühlen: „Wenn du liebst, ohne Gegenliebe hervorzurufen, das heißt, wenn dein Lieben als Lieben nicht die Gegenliebe produziert, wenn du durch deine Lebensäußerung als liebender Mensch dich nicht zum geliebten Menschen machst, so ist deine Liebe ohnmächtig, ein Unglück.“ Wer hätte gedacht, dass dieses Zitat gerade von dem Ökonomen Karl Marx stammt?

Sprich: Liebeskummer kann auch während der beflügelten Jahreszeit aufkommen. Nun ja – Frühlingsgefühle lassen sich auch wunderbar anders als für die Liebe zu anderen Menschen nutzen. Wie wäre es mit einer kräftigen Portion Selbstliebe? Die erhebende Stimmung führt auch zu einem höheren Tatendrang. So kann der Frühjahrsputz Ordnung in die Bude, in den Kopf und auch ins Herz bringen. Der Mut zu Veränderungen wächst außerdem dank der Frühlingsgefühle. Den Job wechseln, die Weiterbildung starten, einen neuen Sport beginnen oder das Schlafzimmer umstellen. So eine Veränderung kann obendrein beflügeln! Der Wunsch, alten Ballast loszuwerden, kommt dabei unweigerlich auf. Da fällt es auf einmal ganz leicht, etwa den Kleiderschrank auszumisten.

Wer jedoch rein gar nichts von den allseits beliebten Frühlingsgefühlen spürt, muss sich keine Sorgen machen.

Denn das genaue Gegenteil – Niedergeschlagenheit – kann – seltener zwar – aber ebenfalls vorkommen. Hinter der Frühjahrsmüdigkeit steckt ein ähnliches Phänomen wie hinter der euphorischen Stimmung. Der Wechsel von Winter auf Frühling sorgt für erweiterte Blutgefäße. Der Blutdruck kann dadurch in den Keller gehen und wir fühlen uns schlapp statt euphorisch. Wer noch zu wenig Sonne getankt hat, bei dem dauert es außerdem länger, bis der Melatoninspiegel sinkt und sich stattdessen Serotonin und Dopamin breit machen. Auch beweisen Studien immer wieder, dass es einen Zusammenhang zwischen gedrückter Stimmung und Vitamin-D-Mangel gibt. Da hilft nur eins: Ab in die Sonne! Denn die Frühlingsgefühle kommen dann einfach etwas später.

Was außerdem hilft: Sport. Das muss kein stundenlanges Gepumpe im Fitnessstudio sein, ein einfacher Spaziergang in der Sonne reicht schon aus. Bewegung mindert die Stresshormone und schüttet die Botenstoffe Endorphin und Morphin aus, die eine schmerzlindernde Wirkung haben.

Die gesteigerte Lust nach Unternehmungen erhöht natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, überhaupt erstmal jemanden kennenzulernen, womit sich die vielen neu entstehenden Pärchen und Fast-Pärchen erklären lassen. Und was passiert dann, wenn wir jemanden kennenlernen, in den wir uns verlieben?

Liebe – Oxytocin

Im besten Fall entsteht auf lange Sicht Liebe. Es gibt wohl kaum ein stärkeres Gefühl als das der Liebe – sie kann uns zu den glücklichsten Momenten im Leben führen oder in tiefe Verzweiflung treiben. Mit ihr begründen und überstehen wir so gut wie alles und werfen das ein oder andere Mal sogar alle unsere moralischen Überzeugungen über Bord. Deshalb sprechen wir manchmal davon, dass sie blind macht.

Das Molekül Oxytocin als chemische Abbildung.
So kompliziert ist sie – die Liebe. Molekül: Oxytocin

Die Liebe, sie hat also auch ihre Schattenseiten und verwandelt sich so in eines der kompliziertesten Dinge, die dem Menschen passieren können. Wirft man einen Blick auf das Molekül ‚Liebe‘ (Oxytocin), so wird auch schnell klar, warum. Schon das chemische Symbol ist an Verstrickungen kaum zu überbieten. Zwischen dem Gefühl von Verliebtheit und Liebe gibt es einen Unterschied, den Hirnforscher:innen festgestellt haben. Doch schauen wir uns erst einmal an, was Wikipedia dazu sagt: „Verliebtheit bezeichnet den emotionalen Zustand der romantischen Anziehung zu einer anderen Person, verbunden mit der Sehnsucht, mit ihr eine exklusive (falls nicht polyamor veranlagt), intime und gefühlsintensive Beziehung einzugehen. Psychologisch gesehen ist es ein durch das neuronale Belohnungssystem unterstützter Drang zur Befriedigung eines psychischen Mangelgefühls und mit seelischen und körperlichen Suchtmerkmalen und kognitiven Verzerrungen verbunden.“

Verliebtheit ähnelt grob betrachtet demnach einem Suchtverhalten. Wer auf erwiderte Verliebtheitsgefühle trifft, wird mit Dopamin überschüttet und das Belohnungssystem wird aktiviert. Wer auf unerwiderte Verliebtheitsgefühle trifft, wird auf so etwas wie Entzugserscheinungen stoßen. Ein Gefühl, welches sich kaum aushalten lässt, jedoch im Gegensatz zum ausgebliebenen Drogenrausch schneller vorübergeht.

Liebe jedoch ist weniger abhängig vom Dopaminausstoß. An seine Stelle tritt das Bindungshormon Oxytocin. Verwechselt werden darf dieser Prozess nicht mit dem Orgasmus, welcher auch dafür sorgt, dass sich das umgangssprachlich bezeichnete „Kuschelhormon“ breit macht, jedoch nicht von Dauer vorhält.

Verliebtheit könnte also als Vorstufe zur Liebe gelten – wobei Liebe auch unabhängig von einer Verliebtheit auftauchen kann, zum Beispiel in Freundschaften. Das Gefühl von verliebt sein bringt uns dazu, dem anderen immer nah sein zu wollen, selbst dann, wenn wir die andere Person noch nicht so gut kennen. Tatsächlich liegt das Gefühl weniger romantisch als vermutet im Kopf statt im Herzen. Der Herzschlag beschleunigt sich zwar, ist jedoch nur Ausdruck des Rauschzustandes. Im Laufe der Zeit sinkt die Euphorie und macht Platz für das Oxytocin, das die Liebe ausmacht. Was manche als ein Erlöschen des Feuers ansehen, ist für andere das Erstrebenswerte. Denn letztlich gewöhnt sich der Körper an die anfänglichen Rauschzustände, die schließlich dadurch abflachen.

Denn Liebe stellt sich vor allem durch eine tiefe Vertrautheit ein und begünstigt die Fortpflanzung. Eine langfristige Liebe wirkt sich auch auf den Schutz des Nachwuchses auf, weil das Paar sich dann besser um ihn kümmern kann.

Übrigens: Der Spruch „Ich kann dich nicht riechen“,  kommt nicht von ungefähr. Nicht alle Menschen können sich in jede x-beliebige Person verlieben. Der Geruch spielt dabei eine wichtige Rolle. Denn über spezielle Gerüche treten unsere Körper in den Austausch und genetisch bedingt fühlen sich Menschen zum gegensätzlichen Erbgut hingezogen. Begründbar ist das mit der Evolution, die vor allem nach Vielfalt strebt und versucht, die beiden Erbanlagen so zu mischen, dass sich das Resultat besser vor Krankheiten schützen kann.

Also – leicht ist die Liebe trotz aller Frühlingsgefühle nicht. Sie ist vor allem Arbeit und erfordert eine Menge Geduld, was sich am Ende jedoch auszahlt. Es geht darum, mit der Liebe zu wachsen, sich als Paar weiterzuentwickeln anstatt dem anfänglichen Feuer hinterher zu trauern. Und wer sich nach der Aufregung sehnt, kann sie doch einfach in die Beziehung mit einfließen lassen. Gemeinsam eine Auszeit vom Alltag nehmen, lautet hier die Devise.

Wer seine Liebe oder Verliebtheit noch nicht gestanden hat, der kann also jetzt loslegen. Der Mut, mit dem Herz in der Hand die Tür des anderen einzurennen, dürfte vor allem jetzt im Übermaß vorhanden sein. Zu dieser Jahreszeit steigt dank der Frühlingsgefühle auch die Chance, auf Anklang zu stoßen.

Und was soll schon schief gehen? Am Ende besiegt die Liebe noch jedes Unheil.

 

Fotos: Unsplash/Wikipedia

Chantal Moll
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