Linkin Park zählen unbestreitbar zu den bedeutendsten Rock-Acts der Gegenwart. Doch all diese Erfolge hielten Sänger Chester Bennington nicht davon ab, sich im Juli 2017 das Leben zu nehmen. Für den Hip-Hop-Anteil in den Linkin Park Songs war seit jeher ihr Frontmann und MC Mike Shinoda zuständig, der sich zudem in seinem reinen Hip-Hop-Projekt Fort Minor ausdrückte. Auch für sein im Juni 2018 erschienenes Soloalbum ‘Post Traumatic’ waren es zunächst Textzeilen, die Shinoda schrieb. Er setzte sich darin mit den Themen Trauer, Verlust und Demut vor dem Leben auseinander. Pa­rallel begann er, Bilder zu malen, Skizzen zu zeichnen und Songgerüste zu komponieren, alles in einer Art Fiebertraum, um dem Schmerz zu entkommen.

Bist du schon einmal in Bremen aufgetreten?
Ich habe mal vor ungefähr fünf Jahren mit Linkin Park dort gespielt. Es hat wirklich Spaß gemacht damals, war eine coole Show!

Wie wichtig war dieses Album für deinen Heilungsprozess?
Immer wenn ich schwere Zeiten durchlebe, wende ich mich meistens einer Kunstform zu, um die komplexen Emotionen aufzuarbeiten, die mich in dem Moment beschäftigen. Ich denke man kann auf dem Album einen Wandel heraushören, von einem Punkt tiefer Trauer zu einem Platz der Hoffnung und Offenheit.

Im Juni letzten Jahres hast du dein Albums ‚Post Traumatic‘ veröffentlicht. Wie haben die Fans reagiert und wie hat ihre Reaktion dir persönlich geholfen?
Es war für mich eine schwere Zeit, ich wollte aus zwei Gründen schnell was veröffentlichen. Zum einen um die Leute wissen zu lassen, wie ich mich fühle und zum anderen um Leute zu helfen, die Ähnliches durchmachen oder durchmachen mussten.

Was möchtest du Leuten mitgeben, die dein Album hören oder sich die Show ansehen?
Die Show macht Spaß, aber sie ist auch eine sehr bedeutungstragende Erfahrung. Schon fast therapeutisch, könnte man sagen. Musikalisch betrachtet würde ich sagen es ist eine Mischung aus Fort Minor, Linkin Park und eigenen Songs. Natürlich wird es einen Moment geben, um Chester zu ehren, aber das macht nicht die komplette Show aus. Ich würde kein Konzert besuchen wollen, das von Anfang bis Ende traurige Stimmung verbreitet und ich glaube das möchte auch keiner meiner Fans. Es ist mehr eine Würdigung der verschiedenen Musikprojekte, die ich schon durchlaufen haben und für deren Umsetzung ich wirklich dankbar bin.

Auf vielen Songs des neuen Albums lässt du die Fans an deinen innersten Emotionen teilhaben. Wie fühlt es sich an, solche offenbarenden Songs vor einer großen Menge zu performen?
Meine Musik drehte sich schon immer um den Gemütszustand, in dem ich war, als ich sie schrieb. Ich spiele einige Songs des Post Traumatic Albums, weil sie echt sind und ich denke, dass viele Fans solche Dinge auch fühlen und schonmal gefühlt haben. Ich möchte aber auch mit Songs wie ‚Remember The Name‘ oder ‚Castle of Glass‘ ein Gegengewicht zu den traurigen Stücken bilden, um das Programm etwas ausgeglichen zu gestalten.

Das Album arbeitet viel mit verschiedenen musikalischen Elementen von Hip-Hop bis hin zu elektronischen Klängen, die im Vergleich zu älteren Kompositionen etwas herausstechen. Wie ist dieses neue Klangkonzept zustande gekommen?
Das kam irgendwie ganz von allein, ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht. Ich habe einfach das gemacht, worauf ich persönlich in dem Moment Lust hatte. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass ich viele neue Veröffentlichungen und verschiedene Genres höre. Das habe ich schon immer gemacht.

Du hast fast alles auf dem Album selber gemacht, einschließlich Aufnahmen, Produktion und das Artwork. Wie hat das deinen kreativen Prozess beeinflusst?
Dies ist so ein persönliches Album, dass ich dachte es wäre angebracht auch diese Dinge zu tun, um dem Album durchgehend meinen Stempel aufzudrücken. Außerdem habe ich schon vorher andere Songs produziert, gemixt und dafür Artworks angefertigt. Daher war ich davon überzeugt, dass ich es ganz gut hinkriegen würde. Ich habe mich aber selbst ganz schön unter Druck setzen müssen, um meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden.

Wo wir gerade bei Artworks sind, welche Rolle spielt neben der Musik das Malen und Zeichnen in deinem Leben?
Ich male und zeichne schon mein ganzes Leben. Witzigerweise war ich gerade dabei eine Karriere als Künstler zu starten, als Linkin Park anfing so richtig erfolgreich zu werden. Die Kunst spielt also schon lange eine zentrale Rolle in meinem Leben, auch weil ich sie neben der Musik häufig als Ventil verwende.

von Ruben Schiefke

(Foto: Frank Maddocks)

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