Nach den Anschlägen im hessischen Hanau erklärte der Präsident des Senats, Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte:
„Der Bremer Senat ist zutiefst erschüttert über dieses unfassbare und menschenverachtende Verbrechen. Wir drücken den Angehörigen und Freunden der Opfer unser tief empfundenes Beileid aus, fühlen mit ihnen und wünschen den Verletzten baldige Genesung. Unsere Solidarität gilt in dieser schweren Stunde den Hanauerinnen und Hanauern. Wir gehen davon aus, dass die Sicherheitsbehörden alles tun werden, um die Hintergründe dieser offensichtlich rassistisch motivierten Tat schnell und gründlich aufzuklären. Der schockierende Angriff gestern sowie die vor einigen Tagen vereitelten Anschlagspläne einer rechtsterroristischen Gruppe auf Moscheen deutschlandweit sind einmal mehr ein Weckruf für uns alle, dass alle Demokratinnen und Demokraten unabhängig ihrer politischen Überzeugungen zusammenstehen müssen, damit alle Menschen sicher und ohne Angst leben können.“

Es wird momentan ein immer größeres Problem in Deutschland, dass Rechtsextremisten ihre Weltsicht in Form von Terrorismus ausleben. Rechtes Gedankengut ist nicht akzeptabel, da es die Identität und Existenz von bestimmten Menschengruppen nicht akzeptiert. Das ist keine Meinung, das ist Verachtung und Ignoranz – etwas, das wir nicht tolerieren sollten. Doch was unternimmt die Politik und die Exekutive dagegen?

Der Anschlag in Hanau war nun bereits der dritte rassistisch motivierten Terroranschlag in Deutschland in einer Zeitspanne von neun Monaten.

„Die Vorfälle verdeutlichen, vor welchen großen Herausforderungen die Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern stehen“, betont Innensenator Ulrich Mäurer. Zumal die Attentäter in Halle und Hanau Polizei und Verfassungsschutz zuvor nicht bekannt waren. Mäurer:„Wir müssen daher zwingend unseren Blickwinkel erweitern auf Personen, die den Sicherheitsbehörden bis dato noch unbekannt sind, die zum Beispiel aber psychisch auffällig sind und sich rechtsextremistisch radikalisiert haben. Diese potenzielle Gefahr verschärft sich weiter, wenn diese Personen auch noch Zugang zu Waffen haben.“ Die neuen Täterprofile seien andere als noch vor einem Jahr. Um das Dunkelfeld rechtzeitig zu erhellen, sei auch die Zusammenarbeit mit anderen Ressorts notwendig.

Zum Mordfall von Walter Lübcke veröffentlichte die ZEIT eine Analyse (abo), in welcher unter anderem erwähnt wird, dass die beiden mutmaßlichen Beteiligten am Mord zwar den Behörden bekannt, jedoch in den letzten Jahren vor dem Vorfall nicht mehr auf deren Radar waren. Man dachte, sie hätten sich „abgekühlt“ und wären nicht mehr so gefährlich.

Gemeinsam mit Polizeipräsident Lutz Müller hat Innensenator Mäurer die Einrichtung der „Sonderkommission Rechtsextremismus“ im Landeskriminalamt vereinbart. Mäurer: „Wir müssen jetzt die Lehren ziehen aus den verabscheuenswürdigen, rechtsterroristischen Anschlägen der vergangenen Monate, um Gefahren für die Menschen in Bremen und Bremerhaven abzuwenden.“ Die SOKO, in der bereits vorhandene Beschäftigte und neu einzustellende Ermittler bzw. Analysten konzentriert werden sollen, wird den Informationsaustausch mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder verstärken.

Beim Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) wird parallel dazu die „Analyseeinheit Hass und Hetze“ ausgebaut, die sich unter anderen mit den über 180 bekannten Bremer Rechtsextremisten und 130 sogenannten „Reichsbürgern“ in Bremen und Bremerhaven gezielt befassen wird. Die Aufklärung von Hass und Hetze im Internet wird mit einem höheren Personaleinsatz und neuen Analyseinstrumenten ausgeweitet. So gibt es Hunderte von Foren, in denen sich Rechtsextremisten untereinander austauschen. „Klar ist, dass wir die Zivilgesellschaft an unserer Seite brauchen und auch weiterhin auf Hinweise angewiesen sind“, so Dierk Schittkowski, Chef des Bremer Landesamtes für Verfassungsschutz.
Für die neuen Formen der intensivierten Aufgabenwahrnehmung werden neben den bereits eingesetzten Fachleuten kurzfristig fünf zusätzliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für das LfV und die Polizei Bremen eingestellt. Die weitere Entwicklung muss noch beraten werden.

Über die beiden Arbeitsbereiche hinaus wird beim Senator für Inneres eine behördenübergreifende „Task Force Rechten Terror in Bremen verhindern“ eingerichtet, an der neben den Polizeien und dem Verfassungsschutz all relevanten Ressorts beteiligt werden.

In der Task Force sollen die beteiligten Institutionen und Behörden im Rahmen ihrer originären Zuständigkeit und unter Beachtung der bestehenden Regelungen eng zusammenarbeiten. So soll eine unverzügliche Überprüfung der waffenrechtlichen Erlaubnisse von Personen gewährleistet werden, die durch ihr Verhalten oder ihre Äußerungen in sozialen Netzwerken zuvor auffällig geworden sind. Polizeipräsident Müller: „Es müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen, um eine Radikalisierung von Personen frühestmöglich zu erkennen.“

Der Senator für Inneres wird dem Senat und den parlamentarischen Gremien laufend über die Arbeit berichten.

Die Polizei Bremen hat ein Hinweisportal geschaltet, das telefonisch zu erreichen ist unter 0421-362-3888 oder per E-Mail unter soko.rex@polizei.bremen.de.

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat ein vertrauliches Hinweistelefon eingerichtet unter 0421-5377-250.

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