Der Berliner mit italienischen Wurzeln spielt seine Betrachtungen mit einer solch lässigen Präzision, wie sie üblicherweise nur bei älteren Hasen des Kabaretts zu erleben ist. Dabei ist die Bühne erst seit kurzem sein neues Metier.

Bekannt wurde er den Menschen auf Instagram, YouTube und TikTok mit einem Ansatz, den keine Agenturschmiede für Influencer sich ausdenken kann. Rund zwei Millionen Follower regen sich in den sozialen Medien zusammen mit ihm über die Scheinwelt der Sozialen Medien auf.
In seinem Bühnenprogramm wiederum legt er den Finger in die Wunden des realen Lebens. So gehe Niemand, zu Brettspielabenden wegen der Brettspiele, sondern nur wegen des Alkohols. Eltern denken über ihre Kinder in Wahrheit, sie seien undankbares Pack und erwarten selbstverständlich eine Gegenleistung für mindestens zwei Jahrzehnte der Aufopferung. Und schon ein Mittzwanziger wie er fühlt sich alt, wenn er eine Filiale von Snipes betritt und dort eine Hipster-Fremdsprache erlebt, die als Mischung aus Silicon-Valley-Englisch, MDMA-Restwirkung und sanftem Klingonisch gut beschrieben wäre. Ohne Politik und ohne Diskurs, ganz tief im alltäglichen Leben, geht es bei ihm somit durchaus um etwas. Ob bei seinen Videos im Netz oder beim Storytelling auf der Live-Bühne – dieser junge Mann führt vor, wie wir mit unseren verletzten Egos ständig ein Bild von uns zeichnen, das für alle dermaßen viel zu hoch hängt, dass unsere Seele Dehnungsschäden bekommt. Dem BREMER hat er von seinen Anfängen und mehr erzählt:

BREMER: Warum hast du dein erstes Video bei TikTok veröffentlicht?

Marco Gianni: Ich bin mit Social Media aufgewachsen. Für mich ist es ganz normal, mich darüber zu präsentieren. Ich glaube, ich bin sogar die erste Generation, die mit Social Media groß geworden ist. Wir hatten schon als Kinder alle möglichen Plattformen: Ich war auf SchülerVZ unterwegs und habe auf ‘Myspace’ und ‘SoundCloud’ Songs hochgeladen. Bei Facebook hatte mit 14 Jahren eine Seite mit tausenden Followern. Gefühlt bin ich also schon seit Anfang an in dem Game unterwegs. Das ist für mich ganz normal und seit 4 Jahren läuft es glücklicherweise so gut, dass ich es beruflich mache.

Wie lange hat es gedauert, bist du bekannter wurdest?

Marco Gianni mit TV
Marco Gianni

2020 durch TikTok. Ich habe einfach Comedy Videos hochgeladen, weil es mir Spaß macht.

Wie kam der Übergang vom Social Media Comedian zum Tour Comedian?
Es war von Anfang an die Idee, meine Comedy auf die Bühne zu bringen. Es ist ein schwieriger Weg ein Live-Publikum aufzubauen. Durch Social Media hatte ich meine Basis schon und konnte direkt loslegen. Ich bin sehr dankbar für, dass mein Publikum mir vertraut und sagt: „Ich find’ den Online witzig, deswegen schau ich mir das Live an”. Es gibt ja auch viele Beispiele, wo der Sprung nicht so reibungslos geklappt hat.

Was für Menschen gehen zu deinem Stand-up-Programm? Und ist es das Publikum, mit dem du gerechnet hast?
Es sind größtenteils Leute im Studentenalter und viele Pärchen. Wovon ich am Anfang aber doch überrascht war, dass auch 40- bis 50-jährige dabei waren. Da dachte ich jetzt nicht, dass die mich auf dem Schirm haben. Man merkt daran aber auch, wie krass Social Media mittlerweile im Alltag von allen Zielgruppen stattfindet.

Ich habe ein Video gesehen, wo du eine Hass-Sprachnachricht bekommst, worauf du mit Humor konterst. Wie oft kommt sowas vor?
Ich bekomme immer wieder Kritik über mich mit. Mir wurde schon alles nachgesagt. Ich glaube aber auch, wenn das nicht so wäre, würde ich meinenJob wahrscheinlich falsch machen. Ich hab nie versucht ‘Everybody’s Darling’ zu sein. Es ist normal, wenn man Comedy macht, dass man bei gewissen Leuten aneckt.

Wen findest du lustig?
Bastian Pastewka ist der Beste.

Was hast du so für die Zukunft geplant?
Mehr drehen, mehr produzieren, mehr in Richtung Film und Serie gehen. Schauspielen, aber vor allem auch Drehbücher schreiben. Und natürlich geht meine Tour im Herbst auch noch weiter.

 

 

Burak Erol/FR

 

Am 5. Juni um 19.30Uhr, Fritz Theater. Der BREMER verlost 2 x 2 Tickets.
Schreibt einfach eine Mail mit dem Stichwort ‘Gianni’ an gewinne@bremer.de. Das Gewinnspiel endet am 3. Juni.

(Fotos: We Own You GmbH)

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